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Rächtzytig

Das neue Aktienrecht – viel Lärm um nichts?

Das neue Aktienrecht – viel Lärm um nichts?

Viel Lärm wurde um das neue Aktienrecht gemacht. Am 01.01.2023 war es nun so weit. Das letzte und grösste Paket der Aktienrechtsrevision ist in Kraft getreten. Mit unserer Rächtzytig vom März und November 2022 haben wir Sie über die wichtigsten Neuerungen und die verschiedenen Durchführungsformen einer Generalversammlung informiert. Bleibt nun also noch die Frage offen, ob und inwieweit für eine Gesellschaft letztlich Handlungsbedarf besteht oder nicht. Im Rahmen dieses Beitrags soll auf diese Frage näher eingegangen werden.

Ab wann gilt das neue Aktienrecht?

Mit dem Inkrafttreten des neuen Aktienrechts am 01.01.2023 wurde dieses auf alle bestehenden Gesellschaften anwendbar.

Welcher Anpassungszeitraum gilt?

Der Anpassungszeitraum für Statuten und Reglemente, sofern es darin Bestimmungen gibt, die dem neuen Recht widersprechen, beträgt zwei Jahre. Nicht konforme Statutenbestimmungen bleiben max. zwei Jahre in Kraft. Die Übergangsfrist wirkt einseitig, d.h. es können keine neuen nicht kompatiblen Statutenbestimmungen eingeführt werden.

Was gilt für vor dem 01.01.2023 beschlossene genehmigte Kapitalerhöhungen und Kapitalerhöhungen aus bedingtem Kapital?

Für genehmigte Kapitalerhöhungen und Kapitalerhöhungen aus bedingtem Kapital, die vor dem 01.01.2023 beschlossen wurden, kommt das bisherige Recht zur Anwendung. Die Beschlüsse der Generalversammlung können aber nach dem 01.01.2023 nicht mehr verlängert oder geändert werden.

Besteht für kleine und mittlere Unternehmen Handlungsbedarf?

Bei nicht börsenkotierten Gesellschaften besteht kein zwingender Handlungsbedarf.

In Bezug auf die Statuten sind Anpassungen insbesondere dort erforderlich, wo die Gesellschaften von den neuen Instrumenten und Möglichkeiten Gebrauch machen wollen und dafür die Einführung einer statutarischen Grundlage erforderlich ist (z.B. Aktienkapital in einer fremden Währung, Kapitalband, rein virtuelle Durchführung der GV, Tagungsort im Ausland, usw.).

Wird im revidierten Aktienrecht zwischen börsenkotierten und nicht börsenkotierten Gesellschaften unterschieden?

In vielen Bestimmungen wird zwischen börsenkotierten und nicht börsenkotierten Gesellschaften unterschieden. Mit der Revision wurden so auch Bestimmungen eingeführt, die ausschliesslich für börsenkotierte Gesellschaften gelten, wie z.B. Bestimmungen zur Einschränkung von Vergütungen und zur Einführung von Geschlechterquoten im VR und in der Geschäftsleitung (Art. 732 OR ff.).

Wird eine GV virtuell oder an einem ausländischen Tagungsort durchgeführt, muss der Verwaltungsrat dafür in der Einberufung einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter bezeichnen. Bei nicht börsenkotierten Gesellschaften kann im Gegensatz zu den börsenkotierten Gesellschaften auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichtet werden, wenn die Statuten dies vorsehen oder alle Aktionäre damit einverstanden sind.

Mit dem Ziel der Stärkung der Aktionärs- und Mitwirkungsrechte wurde bei börsenkotierten Gesellschaften z.B. die Einberufungsschwelle für die GV von 10 % auf 5 % und das Traktandierungsrecht von 10 % auf 0.5 % des Aktienkapitals herabgesetzt. Bei den nicht börsenkotierten Gesellschaften liegen dieses Schwellenwerte bei 10 % (Einberufung; wie bisher) und 5 % (Traktandierung; neu).

Während bei nicht börsenkotierten Gesellschaften kein unmittelbarer Anpassungsbedarf in den Statuten besteht, werden dagegen börsenkotierte Gesellschaften ihre Statuten in verschiedenen Punkten zwingend an das neue Recht anpassen müssen.

Welche Massnahmen müssen Gesellschaften nun ergreifen?

Aufgrund der Änderungen und Neuerungen, die mit der Revision eingeführt wurden, empfiehlt es sich, die Statuten spätestens anlässlich der nächsten Statutenrevision einer Totalrevision zu unterziehen und an das neue Recht anzupassen. Dabei haben die Gesellschaften folgende Massnahmen zu erwägen:

  • Überprüfung und Überarbeitung der gesellschaftsrechtlichen Grundlagendokumente (wie Statuten, Organisationsreglement, Aktionärsbindungsverträge);
  • Überprüfung und Überarbeitung der Drehbücher des Vorsitzenden und der Einladungen für die GVs;
  • Überprüfung und Anpassung der Vorbereitung und Durchführung der GVs (hier gilt es insbesondere zu bestimmen, welche Möglichkeiten für die Durchführung der GVs künftig zur Verfügung stehen sollen).

Also doch viel Lärm um nichts?

Die Aktienrechtsrevision, die per 01.01.2023 in Kraft getreten ist, bringt für Schweizer Verhältnisse grosse Änderungen mit sich (z.B. Aktienkapital in Fremdwährung, Kapitalband und damit neu die Möglichkeit einer „genehmigten Kapitalherabsetzung“, Tagungsort im Ausland und die Möglichkeit einer rein virtuellen Durchführung der GV). An den aktienrechtlichen Grundstrukturen ändert sich dagegen aber nichts. So gesehen, handelt es sich bei dieser Aktienrechtsrevision keinesfalls um „nichts“. Aus der Sicht von kleinen und mittleren Unternehmen übersteigt jedoch der Lärm, der um diese Aktienrechtsrevision gemacht wurde, bei Weitem die Konsequenzen, welche diese für die einzelnen Gesellschaften letztlich in der Praxis mit sich bringen wird.

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