Skip to main content
Rächtzytig

Durchführung der Generalversammlung

Durchführung der Generalversammlung – viele Wege führen zu einem GV-Beschluss

Cornelia Gfeller, Rechtsanwältin und Notarin,
Fachanwältin SAV Bau- und Immobilienrecht

Das neue Aktienrecht tritt per 01.01.2023 in Kraft. Bei der Durchführung der Generalversammlung räumt das neue Aktienrecht den Gesellschaften einen breiten Gestaltungsspielraum ein. Im vorliegenden Beitrag werden die verschiedenen Möglichkeiten zur Durchführung der Generalversammlung näher beleuchtet.

Generalversammlung (GV) mit verschiedenen Tagungsorten

Die GV kann neu an verschiedenen Orten gleichzeitig durchgeführt werden. Die Voten der Teilnehmer müssen dabei unmittelbar in Bild und Ton an sämtliche Tagungsorte übertragen werden können. Einer der Tagungsorte kann sich auch im Ausland befinden. Wenn dabei einer von mehreren Tagungsorten in der Schweiz liegt, so handelt es sich formell nicht um eine GV mit ausländischem Tagungsort und die entsprechenden Voraussetzungen müssen nicht eingehalten werden (vgl. dazu nachfolgend).

 

Generalversammlung mit Tagungsort im Ausland

Der Tagungsort der GV kann sich im Ausland befinden, wenn dafür eine statutarische Grundlage existiert und ein unabhängiger Stimmrechtsvertreter bezeichnet wird. Der unabhängige Stimmrechtsvertreter garantiert, dass Aktionäre, die nicht ins Ausland reisen können und somit nicht unmittelbar an der Diskussion in der GV teilnehmen können, zumindest ihr Stimmrecht ausüben können. Bei Gesellschaften, deren Aktien nicht an der Börse kotiert sind, kann der Verwaltungsrat auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichten, sofern alle Aktionäre dem Verzicht zustimmen.

 

Hybride Generalversammlung

Die GV kann neu auch als hybride GV (Mischform zwischen einer Präsenz-GV und einer virtuellen GV) durchgeführt werden. Die Aktionäre, die nicht am Tagungsort anwesend sind, können ihre Rechte auf elektronischem Weg ausüben (sog. Direct Voting). Die Aktionäre schalten sich in diesem Fall entweder per Audio oder audiovisuell dazu. Sie haben so die Möglichkeit direkt Auskünfte zu verlangen, Voten abzugeben oder Anträge zu stellen. Zu unterscheiden ist diese Art der Teilnahme vom bisher bereits zulässigen sog. Indirect Voting, bei welchem die abwesenden Aktionäre Weisungen in elektronischer Form an einen am Tagungsort anwesenden unabhängigen Stimmrechtsvertreter übermitteln.

Da die Aktionäre bei der hybriden GV weiterhin die Möglichkeit zur physischen Teilnahme haben, ist für die Durchführung der hybriden GV keine statutarische Grundlage notwendig.

 

Virtuelle Generalversammlung ohne Tagungsort

Mit der Aktienrechtsrevision wird neu die Möglichkeit einer virtuellen GV ohne Tagungsort eingeführt. Die Statuten müssen diese Möglichkeit allerdings explizit vorsehen und der Verwaltungsrat muss in der Einberufung einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter bezeichnen. Bei Gesellschaften, die nicht an der Börse kotiert sind, können die Statuten vorsehen, dass auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichtet werden kann.

Bei der Durchführung einer virtuellen GV hat der Verwaltungsrat sicherzustellen, dass (1) die Identität der Teilnehmer feststeht, (2) die Voten unmittelbar übertragen werden, (3) jeder Teilnehmer Anträge stellen und sich an der Diskussion beteiligen kann und (4) die Abstimmungsergebnisse nicht verfälscht werden können.

 

Generalversammlung auf dem Zirkularweg

Schliesslich kann die GV nach neuem Aktienrecht auch auf schriftlichem Weg auf Papier oder in elektronischer Form durchgeführt werden, sofern nicht ein Aktionär oder dessen Vertreter die mündliche Beratung verlangt. Es ist nicht notwendig, dass alle Aktionäre an der schriftlichen oder elektronischen Versammlung teilnehmen. Da die Aktionäre bei dieser Art der Beschlussfassung auf die Beratung und auf die Möglichkeit direkt Auskünfte zu verlangen, Voten abzugeben oder Anträge zu stellen verzichten, ist das Recht jedes einzelnen Aktionärs, die schriftliche Abstimmung abzulehnen von entscheidender Bedeutung.

 

Technische Probleme

Treten während der GV technische Probleme auf, so dass die GV nicht ordnungsgemäss durchgeführt werden kann, ist dies im Protokoll festzuhalten und die GV zu wiederholen. Beschlüsse, welche die GV vor dem Auftreten der technischen Probleme gefasst hat, bleiben jedoch gültig.

 

Allgemein

Ganz grundsätzlich kann für alle Durchführungsformen festgehalten werden, dass durch die Festlegung des Tagungsortes und die Verwendung elektronischer Mittel für keinen Aktionär die Ausübung der Rechte im Zusammenhang mit der GV in unsachlicher Weise erschwert werden darf.

 

Gedanken zur Aktienrechtsrevision

Inwieweit die Gesellschaften von den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten bei der Durchführung der GV Gebrauch machen werden, wird sich zeigen. Die neuen Möglichkeiten bringen nicht nur zusätzliche Effizienz und Flexibilität, sondern stellen die Gesellschaften auch vor neue logistische Herausforderungen (wie z.B. multilokale GV oder GV mit ausländischem Tagungsort / doppelter Aufwand, wenn Anforderungen an Präsenz-GV und virtuelle GV eingehalten werden müssen) und Fragestellungen (wie z.B. Schaffung zusätzlicher ausländischer Gerichtsstände? / steuerrechtliche Auswirkungen, wenn GV im Ausland abgehalten wird?). Nichtsdestotrotz haben in den letzten Jahren viele Gesellschaften ihre GV aufgrund der Corona-Gesetzgebung bereits schriftlich oder in elektronischer Form durchgeführt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Gesellschaften künftig von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen werden.

 

Möchten Sie Ihre Statuten auf den neusten Stand der Gesetzgebung bringen und dabei von den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich der Durchführung der Generalversammlung profitieren?

Häusermann + Partner als kompetente Ansprechpartnerin in gesellschaftsrechtlichen Fragen, wird Sie bei der Umsetzung des neuen Aktienrechts wie gewohnt fachkundig und praxisorientiert unterstützen.

Empfehlen Sie diesen Beitrag weiter: