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Rächtzytig

Das neue Aktienrecht

Das neue Aktienrecht

Nachdem einige punktuelle Änderungen bereits in Kraft getreten sind, steht am 1. Januar 2023 die Inkraftsetzung des grössten und letzten Pakets der Aktienrechtsrevision an. Im Wesentlichen sollen die Kapitalvorschriften flexibilisiert und die Aktionärsrechte gestärkt werden. Nachfolgender Beitrag soll ausgewählte praxis-relevante Neuerungen hervorheben und beleuchten.

Aktienkapital

Gemäss Art. 621 nOR beträgt das Mindestaktienkapital einer Aktiengesellschaft weiterhin CHF 100’000.00. Neu darf das Aktienkapital jedoch auch in einer ausländischen Währung geführt werden, sofern die betreffende Währung für die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft wesentlich ist. Der Bundesrat hat im Entwurf der Handelsregisterverordnung (Anhang 3) vier Währungen als zulässige Fremdwährungen gewählt: Euro, US-Dollar, Britisches Pfund und Japanische Yen. Der Gegenwert der Fremdwährung muss mindestens CHF 100’000.00 betragen. Ein Wechsel der Währung des Aktienkapitals kann durch die Generalversammlung auf Beginn eines Geschäftsjahres beschlossen werden (Art. 621 Abs. 3 nOR).

Der Mindestnennwert einer Aktie muss neu lediglich „grösser Null“ sein (Art. 622 Abs. 4 nOR). Damit werden beliebige Aktiensplits möglich. Bisher musste eine Aktie mindestens einen Nennwert von 1 Rappen aufweisen.

Zwischendividende

Nach heute geltendem Recht ist umstritten, ob Zwischendividenden (also die Ausrichtung einer Dividende während des Geschäftsjahres und zulasten der laufenden Periode) zulässig sind. In der Praxis besteht ein grosses Bedürfnis dafür, weshalb der Gesetzgeber in Art. 675a nOR die Möglichkeit der Ausrichtung einer Zwischendividende nun explizit vorsieht, wobei die Ausrichtung nur gestützt auf einen (geprüften) Zwischenabschluss möglich ist.

Kapitalband

Das heute vorhandene Instrument der genehmigten Kapitalerhöhung wird ersetzt durch die Möglichkeit der Schaffung eines Kapitalbands. Gemäss Art. 653s nOR kann der Verwaltungsrat in den Statuten ermächtigt werden, während einer Dauer von längstens fünf Jahren das Aktienkapital innerhalb einer Bandbreite (Kapitalband) zu verändern (also zu erhöhen oder herabzusetzen). Diese Möglichkeit erlaubt eine flexiblere Gestaltung der Eigenkapitalstruktur.

Sanierung einer Gesellschaft

Der Verwaltungsrat ist verpflichtet, die Liquidität der Gesellschaft „zu überwachen“ (Art. 725 nOR). Droht die Gesellschaft zahlungsunfähig zu werden, so muss der Verwaltungsrat Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit ergreifen. Die Bestimmung zielt darauf ab, dass frühzeitig Massnahmen zur Sanierung der Gesellschaft getroffen werden.

Auch im bisherigen Recht hatte der Verwaltungsrat bereits ähnliche Pflichten (vgl. Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 OR). Mit der neuen Bestimmung werden diese insofern konkretisiert, als dass sich der Verwaltungsrat nun stärker als bisher mit der Liquidität der Gesellschaft beschäftigen muss, mit dem Ziel, sanierungsbedürftige Gesellschaften früher zu erkennen.

Generalversammlungen

Die Schwelle zur Einberufung der Generalversammlung durch die Aktionäre wird bei kotierten Gesellschaften auf 5% des Aktienkapitals oder der Stimmen herabgesetzt. Bei anderen Gesellschaften verbleibt die Schwelle bei 10% (Art. 699 nOR). Das Traktandierungs- und Antragsrecht kann bei kotierten Unternehmen bereits ab einer Beteiligung von 0.5% ausgeübt werden. Bei den übrigen Gesellschaften werden 5% des Aktienkapitals oder der Stimmen benötigt Art. 699b nOR).

Neu kann die Generalversammlung auch virtuell oder im Ausland durchgeführt werden, sofern es die Statuten vorsehen und der Verwaltungsrat in der Einberufung einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter bezeichnet (Art. 701b und 701d nOR).

Zudem wurde die Liste von wichtigen GV-Beschlüssen, die von Gesetzes wegen ein qualifiziertes Mehr erfordern, erweitert (Art. 704 nOR).

Corporate Governance

Bisher war es den Aktionären grundsätzlich nur anlässlich der Generalversammlung möglich, Auskunft über die Gesellschaft zu verlangen. Gemäss Art. 697 Abs. 2 nOR können Aktionäre (bei nicht börsenkotierten Unternehmen), die mindestens 10% des Aktienkapitals oder der Stimmen vertreten, vom Verwaltungsrat schriftlich Auskunft verlangen. Der Verwaltungsrat muss dann innert vier Monaten Auskunft erteilen.

Ebenfalls umfassender wurde das Einsichtsrecht gestaltet: Geschäftsbücher und Akten können neu von Aktionären eingesehen werden, die zusammen mind. 5% des Aktienkapitals oder der Stimmen vertreten. Eine entsprechende Ermächtigung durch die Generalversammlung ist nicht mehr nötig.

Übergangsfrist

Die Aktiengesellschaften haben nach Inkrafttreten zwei Jahre Zeit, die neuen Vorschriften in den Statuten und Reglementen umzusetzen (Art. 2 der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 19. Juni 2020). Die betroffenen Unternehmen sind aber gut beraten, sich frühzeitig mit den Änderungen auseinanderzusetzen.

In der Praxis besteht teilweise das Bedürfnis, die Statuten bereits vor Inkrafttreten des neuen Rechts anzupassen. Gemäss der Praxismitteilung EHRA 1/22 können nicht-publikationspflichtige Statutenänderungen bereits heute teilweise umgesetzt werden (bspw. virtuelle GV). Auch die weiteren Statutenänderungen können bereits in diesem Jahr im Rahmen eines bedingten Statutenänderungsbeschlusses beschlossen, aber erst nach der Gesetzesänderung beim Handelsregister angemeldet werden (bspw. Einführung Kapitalband, Aktienkapital in Fremdwährung).

Häusermann + Partner steht Ihnen mit langjähriger Erfahrung in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten gerne zur Seite und unterstützt Sie bei der Umsetzung des neuen Aktienrechts in Ihrer Unternehmung.

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