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Zweitwohnungsgesetz: Bauliche und nutzungsmässige Änderungen an altrechtlichen Wohnungen

Zweitwohnungsgesetz: Bauliche und nutzungsmässige Änderungen an altrechtlichen Wohnungen

Auf den 1. Oktober 2024 hin wurden die bisherigen baulichen und nutzungsmässigen Änderungsmöglichkeiten an altrechtlichen Wohnungen im Sinne des Zweitwohnungsgesetzes (ZWG) erweitert. Dies gibt Anlass dazu, sich einen Überblick zu verschaffen, welche baulichen und nutzungsmässigen Änderungsmöglichkeiten an solchen bestehen.

Was ist eine altrechtliche Wohnung im Sinne des ZWG?

Gemäss Art. 1 ZWG ist das Zweitwohnungsgesetz auch auf bestehende Wohnungen anwendbar. Der Stichtag, der als Abgrenzung zwischen bestehenden und neuen Wohnungen gelten soll, bildet der 11. März 2012 (Art. 10 ZWG). D.h., eine altrechtliche Wohnung im Sinne des Zweitwohnungsgesetzes ist eine Wohnung, die am 11. März 2012 rechtmässig bestand oder rechtskräftig bewilligt war. Eine Differenzierung zwischen Erst- und Zweitwohnung findet dabei nicht statt. Damit eine Wohnung als altrechtliche Wohnung im Sinne des Zweitwohnungsgesetzes gilt, muss sie zusätzlich den Wohnungsbegriff von Art. 2 Abs. 1 ZWG erfüllen; nicht als solche gelten also etwa vor dem 11. März 2012 als Dorfladen oder Büro genutzte Objekte.

Kann eine altrechtliche Erstwohnung frei in eine Zweitwohnung umgenutzt werden?

Art. 11 Abs. 1 ZWG ist zu entnehmen, dass altrechtliche Wohnungen in der Art der Wohnnutzung grundsätzlich frei sind, es sei denn es bestünden kantonale oder kommunale Nutzungsbeschränkungen, welche die Wohnnutzung beschränken würden. Als Grundprinzip gilt daher mit anderen Worten, dass altrechtliche Wohnungen frei als Erst- oder Zweitwohnungen genutzt werden dürfen. Solche Wohnungen können zu Erst- oder Zweitwohnzwecken nach wie vor frei veräussert oder vermietet werden.[1] Dabei handelt es sich um einen Ausdruck des gesetzlich erweiterten Besitzstandsschutzes.[2]

Welche Erneuerungen, Um- und Wiederaufbauten von altrechtlichen Wohnungen sind ohne Nutzungsbeschränkung zulässig?

Bis zum 1. Oktober 2024 war es gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung und entgegen der jetzigen gesetzlichen Regelung nicht zulässig, altrechtliche Wohnungen abzubrechen, wiederaufzubauen und gleichzeitig zu erweitern.[3] Auch durften im Rahmen einer Erweiterung keine zusätzlichen Wohnungen geschaffen werden. In diesem Sinne führten das ZWG und die dazu ergangene Rechtsprechung teilweise zu erheblichen Einschränkungen bei der Erneuerung von altrechtlichen Wohnungen.

Aus diesem Grund reichte Nationalrat Martin Candinas am 19. Juni 2020 die parlamentarische Initiative «Unnötige und schädliche Beschränkungen des Zweitwohnungsgesetzes in Sachen Abbruch und Wiederaufbau von altrechtlichen Wohnungen aufheben» ein. Diese hatte zum Ziel, die bisher nicht mögliche Kombination von Abbruch, Wiederaufbau und Erweiterung zu ermöglichen. Am 15. März 2024 stimmte das Parlament der Revision bzw. dem gestützt darauf erarbeiteten Gesetzesvorschlag der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-N) zu. Da ein Referendum ausblieb, konnte der Bundesrat die betreffenden Be-stimmungen per 1. Oktober 2024 in Kraft setzen.

Infolge der Gesetzesänderung dürfen altrechtliche Wohnungen im Sinne des Zweitwohnungsgesetzes nun, ohne dass Nutzungsbeschränkungen auferlegt werden, erneuert, umgebaut sowie abgebrochen und neu aufgebaut werden. Innerhalb der Bauzonen darf dabei die Hauptnutzfläche um maximal 30 % der am 11. März 2012 vorbestehenden Hauptnutzfläche erweitert werden. In diesem Rahmen dürfen auch zusätzliche Wohnungen und Gebäude geschaffen werden (vgl. Art. 11 Abs. 3 ZWG).

Hauptnutzflächen sind diejenigen Flächen eines Geschosses, die der Zweckbestimmung und der Nutzung eines Gebäudes im engeren Sinne dienen. Bei den Wohnhäusern sind dies beispielsweise die Wohnräume, die Küche, das Bad und das WC. Zusammen mit den Nebennutzflächen, den Verkehrsflächen und den Konstruktionsflächen bilden sie die sogenannte Geschossfläche (siehe dazu SIA-Norm 416).[4]

Zusätzlich bleibt wie bisher im Rahmen des Wiederaufbaus einer altrechtlichen Wohnung auch eine gewisse geringfügige Standortverschiebung möglich.[5] Gemäss der Praxishilfe zur Zweitwohnungsgesetzgebung des Kantons Bern gilt innerhalb der Bauzone eine Standortverschiebung auf derselben Parzelle als geringfügig.[6]

Für Erweiterungen altrechtlicher Wohnungen ausserhalb der Bauzone verweist Art. 11 Abs. 4 ZWG auf die Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes. Der Abbruch und Wiederaufbau von altrechtlichen, nicht mehr zonenkonformen Zweitwohnungen in der Landwirtschaftszone sind zulässig, sofern diese vor dem 1. Juli 1972 rechtmässig erstellt wurden.[7] Im Rahmen der quantitativen Beschränkungen des Raumplanungsgesetzes sind unter Wahrung der Identität der Baute auch in der Landwirtschaftszone Erweiterungen des Gebäudevolumens möglich.[8]

Fazit

Die neue Gesetzgebung für altrechtliche Wohnungen bringt eine Lockerung mit sich, welche für betroffene Eigentümer eine gewisse Flexibilität schafft und eine umfassendere Modernisierung von altrechtlichen Wohnungen ermöglichen soll als bisher möglich. Massgebend ist, dass im Rahmen der Erweiterung um 30 % der vorbestehenden Hauptnutzfläche neu auch zusätzliche Gebäude mit Zweitwohnungen geschaffen werden dürfen. Anders als nach der strengen bundesgerichtlichen Rechtsprechung vor der Gesetzesänderung ist dabei auch ein Abbruch und Neubau mit einer 30 %-Erweiterung der Fläche möglich.

[1] Botschaft ZWG vom 19. Februar 2014, 14.023, BBl 2014, S. 2309.
[2] Botschaft ZWG vom 19. Februar 2014, 14.023, BBl 2014, S. 2323.
[3] BGer 1C_478/2019 und 1C_479/2019 vom 8. Mai 2020, E. 4.1.
[4] Botschaft ZWG vom 19. Februar 2014, 14.023, BBl 2014, S. 2310.
[5] Botschaft ZWG vom 19. Februar 2014, 14.023, BBl 2014, S. 2310.
[6] Praxishilfe Zweitwohnungsgesetzgebung: Baubewilligungsverfahren und Baupolizei, BSIG-Nr. 7/721.0/15.2 vom 18. Dezember 2020, S. 30.
[7] Art. 24c Abs. 2 RPG i.V.m. Art. 42 Abs. 4 RPV.
[8] Art. 24c Abs. 2 RPG i.V.m. Art. 42 Abs. 4 RPV.

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