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Rächtzytig

Zulässige Gründe für die Erhöhung des Mietzinses bei der Vermietung von Wohn- und Geschäftsräumen

Zulässige Gründe für die Erhöhung des Mietzinses bei der Vermietung von Wohn- und Geschäftsräumen

Andrina Riedi, Rechtsanwältin
Patric Braun, Anwaltskandidat

Allgegenwärtig wird über die in der ganzen Schweiz stetig ansteigenden Immobilienpreise berichtet. Um diese Teuerung bei Mietobjekten ausgleichen zu können, erlaubt das Gesetz der Vermieterschaft, den Mietzins auch ohne Einverständnis der Mieterschaft, nach oben anzupassen. Da ein solches Recht der Vermieterschaft aber ein gewisses Missbrauchspotenzial innehat, statuiert das Gesetz unterschiedliche Anforderungen in formeller und materieller Hinsicht an die Zulässigkeit einer Mietzinserhöhung.

Diese Voraussetzungen sollen in diesem Beitrag aufgezeigt und erläutert werden, damit eine Vermieterschaft in Zukunft bereits vorgängig die Zulässigkeit ihres Vorgehens so weit wie möglich abschätzen kann und nicht wegen einer missbräuchlichen Mietzinserhöhung den Gang vor die Schlichtungsbehörde riskiert. Zu beachten ist, dass die Erhöhung des Mietzinses ohne den Willen der Mieterschaft nur bei unbefristeten Mietverträgen möglich ist.

Allgemeines

Das Mietrecht regelt die zulässigen materiellen Gründe für die Mietzinserhöhung nicht abschliessend, sondern hält in einem ersten Schritt grundlegend fest, dass ein Mietzins keinen übersetzten Ertrag aus der Mietsache generieren oder auf einem offensichtlich übersetzten Kaufpreis beruhen darf (Art. 269 OR). Im Weiteren lassen sich dem Gesetz vereinzelte Anhaltspunkte für die Bestimmung der Missbräuchlichkeit eines Mietzinses entnehmen, welche für den Regelfall herangezogen werden können (vgl. Art. 269a OR) und nachgehend präzisiert werden. Für die Missbräuchlichkeit eines Mietzinses spielt es sodann keine Rolle, ob dieser bereits zu Beginn eines Mietvertrages vereinbart wurde (sog. missbräuchlicher Anfangsmietzins) oder durch einseitige Anpassung eines bestehenden Mietverhältnisses entstanden ist. Die Mieterschaft kann grundsätzlich in beiden Fällen die gerichtliche Herabsetzung des Mietzinses geltend machen bzw. feststellen lassen, dass eine einseitige Mietzinserhöhung in einem bestehenden Mietverhältnis missbräuchlich ist.

Missbräuchlichkeit des Anfangsmietzinses

Der Anfangsmietzins ist das mit einer neuen Mieterschaft bei Beginn des Mietverhältnisses vereinbarte Entgelt für die Nutzung des Mietobjektes. Die Missbräuchlichkeit des Anfangsmietzinses wird materiell anhand absoluter Kriterien bestimmt, d.h. losgelöst von einem vorherig bestehenden Mietzins. Will eine Vermieterschaft bei einem Mieterwechsel diesen Betrag daher entsprechend erhöhen, sollte diese zwingend darauf achten, dass der neu festgesetzte Mietzins nicht anhand folgender Kriterien als missbräuchlich eingestuft wird.

Übersetzter Ertrag

Nach konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt der Ertrag des Grundeigentümers bzw. seine Rendite als übersetzt, wenn der hypothekarische Referenzzinssatz um mehr als ein halbes Prozent überschritten wird.[1] Beim sogenannten hypothekarischen Referenzzinssatz handelt es sich um den Durchschnittswert aller in der Schweiz vergebenen Hypothekarkredite. Besonderes ist jedoch bei verhältnismässig tiefen Referenzzinsen von 2% oder weniger zu beachten. Da die bundesgerichtliche Rechtsprechung hier zu verzerrten Ergebnissen gelangen kann, präzisierte die höchste Gerichtsinstanz ihre Formel und lässt bei einem Referenzzinssatz von 2% oder weniger eine Abweichung von 2% der Nettorendite zu.[2]

Dieser Referenzzinssatz wird vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) quartalsweise publiziert und beträgt im Zeitpunkt des Erscheinens dieses Beitrages 1,75%.[3] Eine Nettorendite, so wie sie anhand der entsprechenden wirtschaftlichen Grössen eruiert werden würde, dürfte nach dem Gesagten also maximal 3,75% betragen, ehe aufgrund eines übersetzten Ertrages auf Missbräuchlichkeit erkannt werden müsste.

Offensichtlich übersetzter Kaufpreis

Die vorhin erwähnte Rendite kann in ihrer Berechnung bereits auf einem übersetzten Kaufpreis des Mietobjektes beruhen, was ebenfalls die Missbräuchlichkeit des Mietzinses zur Folge haben kann (Art. 269 OR). In diesem Sinne als offensichtlich übersetzt gilt dieser Betrag, wenn der für den Kaufpreis massgebliche Ertragswert einem Quervergleich mit gleichartigen Mietobjekten nicht standhält (Art. 10 VMWG).

Erhöhung des Mietzinses im laufenden Vertragsverhältnis

Für die Bestimmung der Missbräuchlichkeit einer einseitigen Mietzinserhöhung im laufenden Mietverhältnis kommen demgegenüber, u.a. wegen des Vertrauensschutzes, in erster Linie sog. relative Kriterien zur Anwendung, welche sich im Unterschied zur Festsetzung des Anfangsmietzinses auf den bisher bezahlten Mietzins im konkret betreffenden Vertragsverhältnis beziehen.[4] Die in der Praxis am meisten vertretenen Gründe für eine einseitige Mietzinserhöhung sind der Anstieg des bereits erwähnten Referenzzinssatzes, die allgemeine Kostensteigerung auf Seiten der Vermieterschaft sowie der Teuerungsausgleich.

Anstieg des Referenzzinssatzes

Bereits ein Anstieg des hypothekarischen Referenzwertes um 0.25% berechtigt die Vermieterschaft zur einseitigen Erhöhung des Mietzinses. Auch hier ist die Bandbreite der zulässigen Mietzinserhöhung indirekt von der Höhe des Referenzzinssatzes abhängig. Liegt dieser unter 5%, darf der Mietzins um 3% erhöht werden. Beträgt der Referenzzinssatz dagegen zwischen 5% und 6%, darf die Miete nur um 2,5% und schliesslich nur noch um 2% erhöht werden, wenn der Referenzzinssatz mehr als 6 % beträgt (Art. 13 Abs. 1 lit. a – c VMWG). Wichtig an dieser Stelle anzufügen ist, dass sich die Vermieterschaft nicht auf die von ihm effektiv bezahlten Hypothekarzinssätze berufen darf, sondern diesem allgemeinen Referenzwert folgen muss.

Sofern der vertraglich vereinbarte Mietzins nicht bereits beim Vertragsabschluss einer Indexierung oder allenfalls einer gestaffelten Erhöhung unterliegt, setzt eine Anpassung selbstverständlich voraus, dass sich der aktuelle Mietzins auf einen tieferen Referenzzinssatz bezieht. Wurde dieser Referenzwert im Mietvertrag nicht ausdrücklich festgehalten oder durch eine vorherige Anpassung bestimmt, kann dieser Wert für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der Tabelle des BWO eingesehen werden.[5]

Allgemeine Kostensteigerung

Nebst den Hypothekarzinsen unterliegen selbstverständlich auch die übrigen Aufwände eines Grundeigentümers einer stetigen Veränderung und können sich erhöhen. Das Gesetz lässt auch diesbezüglich eine Anpassung des Mietzinses zu (vgl. Art. 269a lit. b OR). Unter diesen allgemeinen Kosten können bspw. Baurechtszinse, Versicherungsprämien sowie Unterhaltskosten verstanden werden. Kann die Vermieterschaft ihre Kostensteigerung aber durch die Nebenkostenabrechnung bereits auffangen, bspw. bei einem Anstieg der Strom- oder Gaspreise, rechtfertigt sich eine Änderung des Mietzinses nicht. Gleiches gilt für die allgemeinen Kostensteigerungen, die nur Positionen betreffen, die ausserhalb der Eigen- und Fremdfinanzierung liegen.

Tätigt die Vermieterschaft wertvermehrende oder qualitätsverbessernde Investitionen, nimmt energetische Verbesserungen vor oder vergrössert gar die Mietsache, berechtigt dies als Mehrleistung ebenfalls zum Verlangen eines höheren Mietzinses (Art. 14 VMWG).

Da es die Vermieterschaft ist, welche aus einer allgemeinen Kostensteigerung für sich das Recht zur Erhöhung des Mietzinses ableiten kann, muss sie ihren Kostenanstieg substanziiert mittels entsprechender Unterlagen darlegen können. Dies hat in der Form zu geschehen, dass die Behörde die Durchschnittskosten der letzten Jahre mit den zukünftigen vergleichen kann. Kann die Vermieterschaft den Nachweis der tatsächlichen Kostensteigerung nicht erbringen, wirkt sich dies grundsätzlich zu ihrem Nachteil aus. Die Schlichtungsbehörden verwenden aber teilweise Pauschalen, welche je nach Kanton von einer Kostensteigerung zwischen 0.25% und 1% pro Jahr ausgehen, die tatsächliche Kostenveränderung der Vermieterschaft im Einzelfall aber nicht exakt repräsentieren müssen.

Teuerungsausgleich auf risikotragendem Kapital

In Bezug auf die Erhöhung des Landesindexes der Konsumentenpreise darf die Vermieterschaft den Mietzins um bis zu 40% dieser Erhöhung ebenfalls nach oben anpassen. Damit soll die Teuerung auf dem sogenannten risikotragenden Kapital ausgeglichen werden (Art. 269a lit. e OR und Art. 16 VMWG). Zulässig ist jedoch nur die Verrechnung der Teuerung seit der letzten Mietzinsfestsetzung.

Formelle Anforderungen an die einseitige Mietzinserhöhung

Unabhängig davon, welche Gründe für eine Mietzinserhöhung angerufen werden, ist in jedem Fall das formelle Vorgehen hierzu zwingend zu beachten. Die Erhöhung unterliegt keinen zeitlichen Schranken, hat aber nicht sofortige Wirkung. D.h. unabhängig davon, wann sich eine Vermieterschaft zu einer Erhöhung des Mietzinses entschliesst, Wirkung entfaltet diese frühstens auf den nächstmöglichen Kündigungstermin (Art. 269d Abs. 1 OR). Eminent wichtig für die Mitteilung ist, dass das vorgeschriebene Formular[6] verwendet und die Mieterschaft mindestens 10 Tage vor Beginn der Kündigungsfrist über die vorgehend erläuterten Gründe unterrichtet wird. Im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt eine Anzeige betreffend einseitige Mietzinserhöhung entweder dann als zugestellt, wenn sie der Mieterschaft tatsächlich ausgehändigt bzw. übergeben wird (bzw. wenn sie in seinen Empfangsbereich, z.B. in sein Postfach gelangt) oder mit Ablauf der siebentägigen Abholfrist für den Fall, dass die Postsendung nicht übergeben werden kann.[7] Wird eine Mietzinserhöhung nicht mit dem vorgeschriebenen amtlichen Formular mitgeteilt, wird sie nicht sachlich und detailliert und präzise begründet oder wird damit gleichzeitig die Kündigung angedroht oder ausgesprochen, ist sie nichtig (Art. 269d Abs. 2 OR).

Fazit

Abschliessend kann festgehalten werden, dass eine Vermieterschaft zwar zahlreiche Erhöhungsgründe anrufen kann, um einen Mietzins einseitig zu erhöhen. Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Mietzins alles andere als im Ermessen der Vermieterschaft steht. Voraussetzung für eine zulässige Mietzinserhöhung ist das Vorliegen mindestens einer der hiervor erwähnten Erhöhungsgründe. Da prozessual die Mieterschaft von einer günstigen Ausgangslage profitiert, kann sich für sie die Anfechtung einer Mietzinserhöhung vor der zuständigen Schlichtungsbehörde schnell einmal lohnen. Hinzu kommt, dass bei einer fehlenden Einigung  vor der Schlichtungsbehörde nicht der Mieterschaft die Klagebewilligung erteilt wird, sondern der Vermieterschaft, womit dieser die Pflicht auferlegt wird, die angestrebte Mietzinserhöhung gerichtlich durchzusetzen. Bei Unsicherheit empfiehlt es sich daher, von Beginn weg eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt beizuziehen.

[1] BGE 141 III 245, in: MRA 4/15, S. 183ff; Urteil des Bundesgerichts 4A_465/2015 vom 1. März 2016, E. 4.4.2.

[2] Urteil des Bundesgerichts 4A_554/2019,
E. 8.4.

[3] Einsehbar unter: https://www.bwo.admin.ch/bwo/de/home/mietrecht/referenzzinssatz.html (31.07.2024).

[4]  BGE 120 II 240, E. 2, S. 242.

[5] Siehe Fn 3.

[6] Einsehbar unter: https://www.zsg.justice.be.ch/de/start/themen/zivilrecht/mietrecht/mietzins-nebenkosten.html (31.07.2024).

[7] BGE 107 II 189.

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