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Rächtzytig

Aktuelle Praxis bei der nachträglichen Befreiung von der Handänderungssteuer

Aktuelle Praxis bei der nachträglichen Befreiung von der Handänderungssteuer

Wer im Kanton Bern eine Liegenschaft als Eigenheim erwirbt und diese auch tatsächlich selbst bewohnt, kann sich nach einer Stundungsfrist von der Handänderungssteuer auf einem Kaufpreis von maximal CHF 800’000.00 befreien lassen. Während der Stundungsfrist gilt es wichtige Punkte zu beachten, damit die Befreiung auch tatsächlich gewährt wird.

Grundvoraussetzungen

Die Handänderungssteuer wird auf einem maximalen Kaufpreis von CHF 800’000.00 gestundet und später erlassen, wenn Sie kumulativ bei bestehenden Liegenschaften innert einem Jahr – bei Neubauten und Grossumbauten innert zwei Jahren – den Wohnsitz im Objekt begründen und danach die Liegenschaft während zwei Jahren ausschliesslich selbst und ausschliesslich zu Wohnzwecken nutzen.

Einzugsfrist

Die Einzugsfrist ins neue Eigenheim beträgt 1 Jahr bei bestehenden Liegenschaften und bei Neubauten und Grossumbauten 2 Jahre. Die Frist beginnt mit der Anmeldung des Kaufvertrags beim Grundbuchamt.

Sollte sich zeigen, dass ein rechtzeitiger Einzug aus objektiven Gründen nicht möglich ist (z.B. Bauverzögerungen etc.), kann eine Verlängerung der Frist beantragt werden. Diese muss aber vor Ablauf der Einzugsfrist gestellt werden. Nehmen Sie dazu am besten Kontakt mit Ihrem Notariat auf.

Ausschliessliche Selbstnutzung

Sie dürfen Ihr Eigenheim nur für sich allein Nutzen. Zulässig ist das Zusammenleben mit einer Lebenspartnerin sowie das Aufnehmen von Familienmitgliedern, solange Sie einen gemeinsamen Haushalt bilden. Dabei gilt die Faustregel, ein Herd = ein Haushalt.

Hingegen wird das Aufnehmen von Bekannten sowie die Vermietung an Dritte (auch nur für kürzere Zeitperioden) nicht als ausschliessliche Selbstnutzung anerkannt. Dies gilt insbesondere auch für Wohngemeinschaften sowie für sogenannte Einliegerwohnungen.

Bei Einfamilienhäusern gehört zur ausschliesslichen Selbstnutzung seit Neustem auch die Nutzung des ganzen Grundstücks. Hat ein Nachbar an Ihrem Grundstück ein (Nutzungs-)Recht (z.B. Parkplatzrecht, Überbaurecht für eine Terrasse etc.) ist dieser Teil des Grundstücks nicht mehr ausschliesslich selbstgenutzt.

Damit die Befreiung von der Handänderungssteuer für den selbstgenutzten Teil trotzdem möglich ist, braucht es eine Aufteilung zu Miteigentum in einen selbstgenutzten und in einen nicht-selbstgenutzten Teil. Diese Aufteilung kann nach der definitiven Befreiung von der Handänderungssteuer wieder aufgehoben werden.

Hingegen nicht hinderlich für die Befreiung von der Handänderungssteuer sind sogenannte Infrastrukturdienstbarkeiten (z.B. Leitungsrechte, Wegrechte etc.).

Ausschliessliche Wohnnutzung

Ihr neues Eigenheim darf für die Steuerbefreiung während der Stundungsfrist nur für Wohnzwecke genutzt werden.

Sobald Sie zuhause eine Erwerbstätigkeit (wirtschaftliche Tätigkeit) ausüben, z.B. Musikunterricht, Beratungsdienstleistungen, Therapien, entgeltliche Kinderbetreuung etc., entfällt die Voraussetzung der „ausschliesslichen Nutzung zu Wohnzwecken“ und so auch die Steuerbefreiung.

Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch die Verwendung der eigenen Adresse als Geschäftsadresse (Anmeldung mit c/o Adresse im Handelsregister, Auftritt unter dieser Adresse im Internet etc.) unabhängig davon, ob effektiv zuhause in der Liegenschaft gearbeitet wird oder nicht.

Auch die Anmeldung einer allfälligen Geschäftstätigkeit bei anderen Stellen (Anmeldung mit privater Adresse bei der AHV, MWST etc.), kann zu Rückfragen betreffend eine allfällige wirtschaftliche Tätigkeit im neuen Eigenheim führen.

Damit einzelne Bereiche des Grundstücks zu wirtschaftlichen Zwecken genutzt werden können, braucht es wiederum eine Aufteilung zu Miteigentum.

Nicht als wirtschaftliche Tätigkeit und somit in Bezug auf die Befreiung von der Handänderungssteuer unproblematisch ist gemäss Weisung das Arbeiten im Homeoffice. Nach unserem Dafürhalten braucht es fürs Homeoffice aber einen externen Bürostandort.

Antrag zur definitiven Befreiung von der Handänderungssteuer

Damit Sie definitiv von der Handänderungssteuer befreit werden, müssen Sie innerhalb der sogenannten Stundungsfrist (3 Jahre bei bestehenden Liegenschaften; 4 Jahre bei Neubauten und Grossumbauten; jeweils ab Grundbuchanmeldung) selbst Nachweisen, dass Sie die Anforderungen für die definitive Steuerbefreiung erfüllt haben.

Dazu ist bei der Wohnsitzgemeinde eine Wohnsitzbestätigung einzuholen. Darin wird bestätigt, dass Sie ihren Wohnsitz (ohne Unterbrechung) 2 Jahre im erworbenen Eigenheim hatten. Sie können die Wohnsitzbestätigung also erst 2 Jahre nach Einzug und anschliessender Meldung des neuen Wohnsitzes einholen.

Die Wohnsitzbestätigung der Wohngemeinde wird anschliessend mit einem Formular zur definitiven Befreiung von der Handänderungssteuer beim zuständigen Grundbuchamt eingereicht. Die Unterlagen müssen innerhalb der Stundungsfrist (siehe dazu auch „Revidierter Art. 17a Handänderungssteuergesetz Kanton Bern – Aktuelle Praxis der Grundbuchämter – Rächtzytig, Ausgabe Mai 2023“) eingereicht werden. Andernfalls wird die Handänderungssteuer zzgl. Verzugszins ab Grundbuchanmeldung ohne weitere Mahnung durch das Grundbuchamt nachträglich erhoben.

Fazit

Wollen Sie von der Steuererleichterung für Eigenheimbesitzer profitieren, lohnt es sich, bereits vor dem Erwerb die geplante Nutzung auf diese Thematik zu prüfen sowie während der ersten 2 Jahre im neuen Eigenheim ein Augenmerk auf die zulässige Nutzung zu haben.

Nutzen Sie die Wohnung ausschliesslich selbst, vermieten Sie keine einzelnen Zimmer oder Aussenflächen (z.B. Parkplätze) an Dritte und nutzen Sie das Eigenheim nicht zu wirtschaftlichen Zwecken.

Zudem empfehlen wir Ihnen, einen Termin in Ihrem Kalender einzuschreiben, damit die definitive Steuerbefreiung rechtzeitig beim zuständigen Grundbuchamt eingereicht wird.

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