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Rächtzytig

Das Reglement der Stockwerkeigentümer-gemeinschaft und die umstrittene Frage über die Änderung des Beschlussquorums

Das Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft und die umstrittene Frage über die Änderung des Beschlussquorums

Joana Brogini, Rechtsanwältin und Notarin
Livia Zürcher, MLaw, Notariatskandidatin

In einem neueren Urteil (BGE 149 III 393) befasste sich das Bundesgericht mit der Fragestellung, ob die Änderung eines Reglements der Stockwerkeigentümergemeinschaft einem strengeren Mehrheitserfordernis unterworfen werden kann als dies in Art. 712g Abs. 3 ZGB vorgesehen ist.

Im vom Bundesgericht zu entscheidenden Fall ging es um eine Stockwerkeigentümergemeinschaft im Tessin, welche aus 37 Stockwerkeinheiten besteht. Das Grundstück umfasst ein Hauptgebäude mit Hotel und Apartments und ein Nebengebäude mit Restaurant. Die Eigentümerschaft des Hotels und Restaurant hält eine Stockwerkeinheit mit der Wertquote von 330/1000. Die anderen Stockwerkeinheiten sind in Wertquoten zwischen 8/1000 und 39/1000 aufgeteilt.

Strittig war nun die Verteilung der gemeinsamen Kosten. Das Reglement beinhaltete die Regelung, wonach sich die Miteigentümer im Verhältnis ihrer Wertquoten an den gemeinsamen Kosten beteiligen müssen. Während Jahren wurde von dieser Regelung einvernehmlich abgewichen und der Stockwerkeigentümerin des Hotels eine Reduktion an der Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten gewährt. Anlässlich einer Stockwerkeigentümerversammlung wurde dieses Privileg mittels Beschluss aufgehoben. An der nächsten Stockwerkeigentümerversammlung beantragte die besagte Stockwerkeigentümerin, dass ihr zukünftig eine Reduktion von 25% auf den gemeinschaftlichen Kosten zu gewähren sei und beantragte eine entsprechende Änderung des Reglements. Der Antrag auf Änderung des Reglements wurde abgelehnt, da die erforderliche Zweidrittelmehrheit, welche das Reglement für Änderungen des Reglements vorschrieb, nicht erreicht wurde.

Umstritten war nun, ob dieser Entscheid gültig gefasst worden ist oder nicht.

Das Reglement Stockwerkeigentümergemeinschaft beinhaltete eine Verschärfung des Quorums für die Beschlussfassung. Konkret war eine Zweidrittelmehrheit für alle Änderungen des Reglements vorgesehen (ausgenommen Bestimmungen, für die gesetzliche Einstimmigkeit erforderlich ist). Das Gesetz sieht in Art. 712g Abs. 3 ZGB hingegen vor, dass die Annahme von Reglementsänderungen durch Beschluss der Mehrheit der Stockwerkeigentümer erfolgt, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt sind.

Bis zu diesem Urteil war strittig, ob ein strengeres Quorum für die Beschlussfassung eingeführt werden kann oder nicht. Das Bundesgericht hatte sich zu dieser Frage bisher noch nicht geäussert. Mit dem Urteil wurde nun geklärt, dass die Rechtsnatur von Artikel 712g Abs. 3 ZGB dispositiver Natur ist. Unter gewissen Voraussetzungen können somit strengere Beschlussquoren eingeführt werden.

Trotz dieses Entscheids bestehen nach wie vor viele Unklarheiten. Bei der Einführung von strengeren Beschlussquoren ist weiterhin Vorsicht geboten. Es bedarf der sorgfältigen Beurteilung des konkreten Einzelfalles, ob eine Verschärfung des Quorums zulässig ist oder nicht.

Fazit

Die Ausgestaltung eines Reglements bietet oftmals verschiedene Schwierigkeiten und hat den unterschiedlichen Bedürfnissen der Stockwerkeigentümer Rechnung zu tragen. Unter anderem bei der Tragung der gemeinschaftlichen Kosten kann es zu Meinungsverschiedenheiten kommen.

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