Wichtige Gesetzesänderungen 2024
Anna Pulfer, Rechtsanwältin und Notarin
Michelle Aufiero, MLaw, Anwaltskandidatin
Wie üblich sind auf das neue Jahr zahlreiche neue rechtliche Bestimmungen in Kraft getreten. Wir fassen für Sie die wichtigsten zusammen:
AHV
Auf Anfang 2024 ist ein erster Teil der AHV-Revision in Kraft getreten. Frauen werden neu ein Jahr später als bisher ordentlich pensioniert (65 Jahre), wobei für Frauen die kurz vor der Pension stehen, die Anhebung «abgefedert» wird. Zudem bestehen für die berufliche Vorsorge erstmals gesetzliche Regelungen für die Möglichkeit einer flexiblen Pensionierung.
MEHRWERTSTEUER
Die Mehrwertsteuer auf Waren und Dienstleistungen wird von 7.7% auf 8.1% erhöht. Auch der reduzierte Zinssatz (etwa für Lebensmittel) steigt von 2.5% auf 2.6%. Hintergrund der Mehrwertsteuererhöhung ist das Ja des Stimmvolks zur AHV-Reform respektive der Zusatzfinanzierung. Sämtliche zusätzlichen Einnahmen fliessen vollumfänglich in den Ausgleichsfonds der AHV.
KINDES- UND ERWACHSENENSCHUTZ
Seit dem 1. Januar 2024 muss die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) nicht nur das Zivilstandesamt, sondern neu auch das Betreibungsamt, die Ausweisbehörde, das Grundbuchamt und die Wohnsitzgemeinde über eine angeordnete Massnahme informieren. Ebenfalls per 1. Januar 2024 ist die totalrevidierte Verordnung über die Vermögensverwaltung im Rahmen einer Beistandschaft oder Vormundschaft (VBVV) in Kraft getreten.
KRANKENVERSICHERUNG
Bis anhin konnten die Krankenversicherungen, wenn die Eltern die Prämien der Kinder nicht bezahlt haben, die minderjährigen Kinder belangen. Jede versicherte Person – ob minderjährig oder nicht – haftete für ihre Prämie persönlich. Neu gilt: Wer nach dem 1. Januar 2024 volljährig wird, kann nicht mehr für Krankenkassenschulden, welche die Eltern verursacht haben, belangt werden.
STRASSENVERKEHR
Elektroautos unterstehen seit Anfang Jahr der Automobilsteuer wie andere Autos auch. Die bisher geltende Steuerbefreiung wurde aufgehoben.
Ab dem 1. April 2024 müssen E-Bikes mit einer Unterstützung bis 45 km/h mit einem Geschwindigkeitsmesser ausgestattet sein, damit Höchstgeschwindigkeiten eingehalten werden. Bereits genutzte E-Bikes müssen bis zum 1. April 2027 nachgerüstet werden.
Per Oktober 2024 verlieren die blauen Fahrausweise ihre Gültigkeit. Wer noch nicht über einen Ausweis im Kreditkartenformat verfügt, muss diesen bis zum 31. Oktober 2024 umtauschen.
STIFTUNG
Am 1. Januar 2024 sind folgende vier Gesetzesänderungen zum Stiftungsrecht in Kraft getreten:
- Der Stifter kann sich nicht nur wie bisher das Recht auf eine Zweckänderung, sondern auch das Recht auf eine Organisationsänderung vorbehalten.
- Unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde müssen nicht mehr aus triftigen sachlichen Gründen als geboten erscheinen, sondern sind neu möglich, wenn dies aus sachlichen Gründen als gerechtfertigt erscheint und keine Rechte Dritter beeinträchtigt werden.
- Mit dem neuen Art. 86c ZGB wird klargestellt, dass Änderungen der Stiftungsurkunde nach Art. 85-86b ZGB (Änderungen der Organisation, Änderungen des Zwecks, unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde), welche von der zuständigen Bundes- oder Kantonsbehörde oder Aufsichtsbehörde verfügt werden, keiner öffentlichen Beurkundung bedürfen.
- Die Stiftungsaufsichtsbeschwerde, welche bisher keine explizite Rechtsgrundlage hatte, wurde im neuen Art. 84 Abs. 3 ZGB kodifiziert. Gemäss dieser Bestimmung können Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.