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Rächtzytig

Mietzinsanpassung bei indexierten Mietzinsen

Mietzinsanpassung bei indexierten Mietzinsen

In Durchbrechung des Prinzips der Vertragsfreiheit gewährt das Obligationenrecht (OR) den Mietenden von Wohn- und Geschäftsräumen Mietzinserhöhungen als missbräuchlich anzufechten. Das OR sieht jedoch zwei Mietzinsanpassungsmechanismen vor, welche von diesem Anfechtungsrecht grösstenteils ausgeschlossen sind, eine davon ist die Mietzinsanpassung gestützt auf eine Indexklausel. Insbesondere die neuste Rechtsprechung des Bundesgerichts gibt Anlass dazu, Mietzinsanpassungen bei Indexmietverträgen im vorliegenden Beitrag vorzustellen.

Indexierte Mietzinse – Grundsatz

Bei einem indexierten Mietzins vereinbaren die Parteien im Voraus im Rahmen des Mietvertrags, dass der Nettomietzins ausschliesslich den Veränderungen des schweizerischen Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) angepasst wird, wobei diese Vereinbarung Indexklausel genannt wird. Die Vereinbarung, dass der Mietzins einem Index folgt, ist unter den beiden Voraussetzungen gültig, dass der Mietvertrag für mindestens fünf Jahre abgeschlossen und als Index der Landesindex der Konsumentenpreise vorgesehen wird (vgl. Art. 269b OR). Eine solche Indexklausel bezweckt zum einen, sicherzustellen, dass sich der Mietzins entsprechend den Lebenshaltungskosten entwickelt. Zum anderen verschafft eine solche dem Mietenden die Sicherheit, einer mindestens fünfjährigen Mietdauer.

Mietzinserhöhung bei Indexklausel

Bei der Indexierung eines Mietzinses handelt es sich um einen ausschliesslichen Mietzinsanpassungsgrund.[1] Einzig von diesem Grundsatz ausgenommen ist eine Mietzinserhöhung wegen Mehrleistungen des Vermietenden.[2] Vorausgesetzt wird dann jedoch, dass diese Möglichkeit im Mietvertrag ausdrücklich vorgesehen ist.[3] Weitere Erhöhungsfaktoren dürfen während laufender Indexierung nicht geltend gemacht werden.

In der Verordnung für die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) ist vorgesehen, dass der Mietzins in vollem Umfang an eine Indexsteigerung angepasst werden kann (vgl. Art. 17 Abs. 1 VMWG). Zur Berechnung, in welchem Ausmass ein indexierter Mietzins erhöht werden kann, ist das prozentuale Verhältnis zwischen dem bisherigen und dem neuen Indexstand zu ermitteln. Um diesen Prozentsatz wiederum ist der geltende Mietzins anzupassen. Mietzinserhöhungen gestützt auf den Landesindex der Konsumentenpreise können unter Einhaltung einer Frist von 30 Tagen auf ein Monatsende angekündigt werden (vgl. Art. 17 Abs. 3 VMWG). Eine Besonderheit besteht darin, dass dabei Kündigungsfristen und -termine nicht beachtet werden müssen, im Gegensatz zu anderweitigen Mietzinserhöhungen (vgl. Art. 269d Abs. 1 OR). Unzulässig ist, dass der Vermietende bereits vor Bekanntgabe des neuen Indexstandes die Indexsteigerung vorwegnimmt und den Mietzins bereits frühzeitig erhöht (vgl. Art. 19 Abs. 2 zweiter Satz VMWG). Jede gestützt auf eine Indexklausel erfolgende Mietzinserhöhung muss auf einem amtlich genehmigten Formular im Sinne von Art. 269d Abs. 1 OR mitgeteilt werden (vgl. Art. 19 Abs. 2 VMWG). Wird diese nicht mit dem vorgeschriebenen amtlichen Formular mitgeteilt, hat diese deren Nichtigkeit zur Folge (vgl. Art. 269d OR).

Wurde es verpasst, den Mietzins infolge Indexsteigerung anzupassen, ist die rückwirkende Erhöhung des Mietzinses infolge der betreffenden Indexsteigerung grundsätzlich ausgeschlossen.[4] Die verpasste Erhöhung kann jedoch in einem späteren Zeitpunkt mit Wirkung für die Zukunft nachgeholt werden.[5]

Die Anfechtungsmöglichkeit einer Mietzinserhöhung infolge Indexsteigerung ist gesetzlich aufgrund deren Voraussehbarkeit stark eingeschränkt. Fechten die Mietenden eine solche an, können sie vor der Schlichtungsbehörde nur geltend machen, dass die Steigerung des Indexes oder dessen Auswirkungen auf den Mietzins unrichtig erfasst bzw. überwälzt worden sei (vgl. Art. 270c OR). Denkbar ist, dass sich der Vermietende bei der Mietzinserhöhung über den Ausgangsindex oder den neuen Index oder dessen Berechnung irrt. Damit besteht für die Anfechtung einer Mietzinserhöhung infolge Indexsteigerung jedoch ein äusserst geringer Spielraum.

Mietzinsanpassung nach Ablauf der Indexierung

Vereinbaren die Mietvertragsparteien nach Ablauf der ersten Mindestdauer eine weitere feste mindestens fünfjährige Vertragsdauer, so kann auch die Indexklausel beibehalten werden. Auch in diesem Fall bildet die letzte Mietzinsfestsetzung während der ersten festen Mindestdauer den Ausgangspunkt für die nächste Indexanpassung (vgl. BGE 137 III 580, 584, E. 2).

Wird hingegen ein ursprünglich auf (mindestens) fünf Jahre abgeschlossener indexierter Mietvertrag nach Ablauf der festen Vertragsdauer stillschweigend oder ausdrücklich als unbefristetes Mietverhältnis fortgesetzt, können auf diesen Zeitpunkt hin beide Vertragsparteien unter Eihaltung der Kündigungsfrist die Anpassung des Mietzinses entsprechend der relativen Berechnungsmethode begehren.[6]

Im Rahmen der nun zulässigen Mietzinsanpassungen ist auf das Ende der Indexdauer insbesondere auch eine Anpassung an allfällige zwischenzeitliche Entwicklungen des hypothekarischen Referenzzinssatzes möglich. In seiner neusten Rechtsprechung, Urteil BGer 4A_252/2023 vom 24. Oktober 2023, E 3.3, kam das Bundesgericht jedoch zum Schluss, dass sich die Vertragsparteien auf die Höhe des Hypothekarzinssatzes zu Indexbeginn nur dann beziehen können, wenn die Mietzinserhöhung innert der anwendbaren Kündigungsfrist auf Ende der Laufdauer des indexierten Vertrags geltend gemacht wird. Anschliessend ist diese Möglichkeit verwirkt.

Fazit

Die Zulässigkeit von indexierten Mietzinsen zeigt, dass in der Praxis auch in streng regulierten Rechtsgebieten wie dem Mietrecht vertraglicher Gestaltungsspielraum besteht, von welchem nicht selten Gebrauch gemacht wird. Auch bei solchen vertraglich vorgesehenen Anpassungsmöglichkeiten, gilt es jedoch die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften und bundesgerichtliche Rechtsprechung zu beachten. Im Zweifelsfall wird daher empfohlen, sich bei einer Mietzinsanpassung vorgängig beraten zu lassen.

[1] BGE 123 III 76, 80 ff., E. 4c.

[2] BGE 124 III 57, 59, E. 3a.

[3] Vgl. a.a.O., E. 3a.

[4] BGE 110 II 494, 497, E. 2b.

[5] Mietrecht für die Praxis, 10. Aufl., 2022, Wettstein, Kap. 20, Ziff. 20.2.11.

[6] Relativ ist eine Mietzinsanpassung dann, wenn von der letzten Mietzinsfestsetzung ausgegangen wird und untersucht wird, wie sich die massgeblichen Faktoren seit dann verändert haben.

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