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Rächtzytig

Das Hammerschlagsrecht

Das Hammerschlagsrecht

Simon Hänni, Notar und Rechtsanwalt
Jonas Tschamper, MLaw

Ist das Benützen des Nachbargrundstückes für die Ablage von Material und das Ausführen von Bauarbeiten zulässig? Muss sich der Eigentümer des betroffenen Grundstücks diesen Eingriff gefallen lassen? Diesen Fragen widmet sich der nachfolgende Artikel.

Grundsatz des Eigentums

Der Eigentümer eines Grundstückes muss sich grundsätzlich keine direkten Einwirkungen, wie das Betreten oder Befahren seines Grundstückes, durch einen Dritten (z.B. den Nachbarn) gefallen lassen. Der Eigentümer hat somit das Recht, jede unbefugte Einwirkung auf sein Grundstück abzuwehren. Dieses Recht kann er mit der Eigentumsfreiheitsklage durchsetzen (vgl. Art. 641. Abs. 2 ZGB).

Es gibt aber keine Regel ohne Ausnahme. Eine dieser Ausnahmen ist das sogenannte Hammerschlagsrecht. Dieses Recht erlaubt es, das Nachbargrundstück für das Ausführen von Bauarbeiten unter gewissen Voraussetzungen zu benützen.

Begriff des Hammerschlagsrechts

Das Hammerschlagsrecht erklärt sich bereits durch seinen Namen. Vereinfacht gesagt nimmt dieses Recht in Anspruch, wer an der Aussenwand seines Hauses einen Nagel einschlagen will und dafür auf dem Nachbargrundstück eine Leiter aufstellen muss.[1]

Das Hammerschlagsrecht gibt dem Grundeigentümer also grundsätzlich die Möglichkeit, für die Errichtung oder den Unterhalt von Bauten oder anderen Anlagen (Grenzmauern, Brunnen usw.) oder das Zuschneiden der Grünhecke und Bäume, das Nachbargrundstück vorübergehend zu betreten (vgl. Art. 695 ZGB).

Bundesgesetzliche Ausgestaltung des Hammerschlagsrechts

Auf Bundesebene ist dieses Recht in Art. 695 ZGB unter dem Titel «Beschränkungen des Eigentums» geregelt. Das Hammerschlagsrecht schränkt nämlich, wenn auch nur vorübergehend, das Eigentum ein. Der Grundeigentümer muss diesen Eingriff in sein Eigentum dulden.

Damit man vom Hammerschlagsrecht sprechen kann, müssen gemäss Zivilgesetzbuch im Wesentlichen drei Voraussetzungen erfüllt sein:

Erstens gilt das Hammerschlagsrecht nur zulasten eines direkten Nachbarschaftsgrundstückes. Der Sinn des Hammerschlagsrechts ist nämlich, dass Arbeiten an Grenzbauten oder Grenzvorrichtungen einfach ausgeführt werden können.

Zweitens beschränkt sich die Ausübung des Rechtes auf einen schmalen landstreifen entlang der Grenze. Somit wird das Nachbargrundstück nicht unnötig beansprucht. Wie breit dieser Streifen ist, ergibt sich aus den zu erledigenden Arbeiten. Braucht es für die Arbeiten z.B. einen Bagger, kann der Streifen auch die Breite des Baggers haben.

Die dritte Voraussetzung ist, dass das Nachbargrundstück nur für gelegentliche und vorübergehende Nutzungen beansprucht werden darf. Angesicht der Tatsache, dass das Hammerschlagsrecht einen Eingriff ins Eigentumsrecht des Nachbaren darstellt, muss der Eingriff möglichst schonend und nur solange wie nötig erfolgen.

Mit Art. 695 ZGB wird den Kantonen zudem die Möglichkeit gegeben, nähere Vorschriften zum Hammerschlagsrecht aufzustellen. Von dieser Kompetenzzuweisung hat der Kanton Bern in Art. 79o EG ZGB Gebrauch gemacht.

Gesetzliche Ausgestaltung des Hammerschlagsrechts im Kanton Bern

Im Kanton Bern wird das Hammerschlagsrecht grundsätzlich analog dem Bundesrecht ausgelegt. Zu den bereits bestehenden Voraussetzungen kommen im Kanton Bern noch zwei zusätzliche Bedingungen hinzu:

Der Eigentümer des belasteten Grundstücks muss nämlich rechtzeitig über das Betreten seines Grundstücks informiert werden und er hat Anspruch auf möglichste Schonung seines Grundstücks und vollen Schadenersatz für den entstanden Schaden an seinem Grundstück.

Eine Entschädigung für die Benützung des Nachbargrundstückes ist in Bern nicht explizit vorgesehen.

Fazit

Das Hammerschlagsrecht ist eine Ausnahme des Grundsatzes, dass man über sein Eigentum beliebig verfügen kann. Wie weit dieses Recht effektiv reicht, ist aber nicht abschliessend geklärt. Es gibt unterschiedliche Auslegungen, wann die Grenzen des Hammerschlagsrechts effektiv überschritten sind. In jedem Fall ist es ratsam sich mit dem Eigentümer des Nachbargrundstücks genau abzusprechen und eine einvernehmliche Einigung zu finden. Somit können allfällige Probleme frühzeitig behoben werden und ein gutes Nachbarschaftsverhältnis bleibt gewahrt.

[1] Vgl. zur ganzen Thematik: Bachmann Dominik, Zürcher Zeitschrift für öffentliches Baurecht, 4/2014.

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