Auswirkungen von Änderungen des Familienstands auf das Mietverhältnis
Insbesondere bei langfristigen Mietverhältnissen für Wohnungen kommt es immer wieder vor, dass sich der Familienstand der Mietenden verändert, beispielsweise durch Heirat, Scheidung, Geburt oder Einzug von Familienangehörigen bzw. nahestehenden Personen. Nachfolgend soll dargelegt werden, welche Auswirkungen solche Änderungen auf das Mietverhältnis haben können und was die Mietparteien dabei beachten sollten.
Heirat
Mietverträge können von beiden Eheleuten gemeinsam oder von einer Person allein abgeschlossen werden. Die Einwilligung der anderen Person ist für den Abschluss eines gültigen Mietvertrages nicht erforderlich. Häufig ziehen die Eheleute auch gemeinsam in die bestehende Wohnung einer Person; der von einer Person abgeschlossene Mietvertrag läuft dabei unverändert weiter. Die Eheleute können aber auch gemeinsam einen neuen Mietvertrag abschliessen, womit beiden die Rechte und Pflichten der Mietparteien zukommen. Dies ist auch für die Vermietenden von Vorteil, da so beide Eheleute solidarisch für den Mietzins haften. Die gemeinsame Unterzeichnung des Mietvertrages empfiehlt sich im Übrigen aus Sicht der Mietenden und der Vermietenden grundsätzlich auch in allen anderen Fällen, in denen mehrere Personen eine Mietwohnung gemeinsam langfristig bewohnen.
Weiter zu beachten ist, dass durch die Heirat die gemeinsam bewohnte Wohnung zur Familienwohnung wird, welche rechtlich besonderen Schutz erfährt. Die Kündigung einer Familienwohnung und Fristansetzung wegen Zahlungsverzugs muss immer an beide Eheleute separat erfolgen, unabhängig davon, wer den Mietvertrag unterzeichnet hat (Art. 266n OR). Die Kündigung einer Mietwohnung hat schriftlich an beide separat mit dem kantonalen Formular zu erfolgen (Art. 266l OR). Die Eheleute können zudem die Familienwohnung nur mit ausdrücklicher Zustimmung der anderen Person künden (Art. 266m OR).
Diese Bestimmungen gelten auch für eingetragene Partnerschaften. Für Konkubinate und andere Beziehungsformen sind die Bestimmungen hingegen nicht anwendbar, diese erfahren keinen besonderen Schutz. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass die Person, welche den Mietvertrag nicht mitunterzeichnet, daraus keinerlei Rechte ableiten kann.
Scheidung
Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag können im Falle einer Scheidung auf eine Person allein übertragen werden, unabhängig davon, ob beide den Mietvertrag unterzeichnet haben (Art. 121 ZGB). Dies ist im Scheidungsverfahren explizit zu beantragen. Das Gericht teilt die Zuteilung der Wohnung den Vermietenden mit, diese haben aber kein Mitspracherecht.
Todesfall
Stirbt ein Ehegatte, hat der überlebende Ehegatte, der den Mietvertrag nicht mitunterzeichnet hat, keinen (direkten) Anspruch auf die Übertragung des Mietverhältnisses; der Mietvertrag geht grundsätzlich an die gesamte Erbengemeinschaft der verstorbenen Person über, welche aus dem überlebenden Ehegatten und den weiteren Erben besteht. Haben beide Eheleute den Mietvertrag unterzeichnet, geht dieser auf den überlebenden Ehegatten und die Erbengemeinschaft über. Eine Kündigung ist in diesem Fall nur möglich, wenn die Erbengemeinschaft und der überlebende Ehegatte gemeinsam handeln. Die Erben haben gemäss Art. 266i OR ein ausdrückliches Kündigungsrecht innerhalb der gesetzlichen Frist. Mitmietende der verstorbenen Person können zudem aus wichtigen Gründen gemäss Art. 266g OR kündigen, beispielsweise, wenn die Mietwohnung für sie finanziell allein nicht mehr tragbar ist.
Einzug von Familienangehörigen
Den Mietenden steht es frei, nahestehende Personen bei sich einziehen zu lassen. Ebenso dürfen sie Personen vorübergehend beherbergen. Die Zustimmung der Vermietenden ist hierfür nicht nötig. Eine vertragliche Begrenzung der Personenanzahl in der Wohnung ist gemäss überwiegender Meinung nicht zulässig.
Bei einem unentgeltlichen Aufenthalt von nahestehenden Person liegt kein Untermietsverhältnis vor, welches die Zustimmung der Vermietenden bedarf. Die Zustimmung zu einem Untermietvertrag darf jedoch ohnehin nur in Ausnahmefällen verweigert werden (Art. 262 Abs. 2 OR).
Entstehen den Vermietenden durch den Einzug oder die Beherbergung von Personen erhebliche Nachteile, können sie die Mietenden mahnen und ggf. das Mietverhältnis kündigen (Art. 257 OR).
Anfechtbare Kündigung
Kündigungen von Wohnmietverträgen sind zu begründen und sind anfechtbar, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossen (Art. 271 OR). Das Gesetz nennt verschiedene Fälle, in welchen die Kündigung durch Vermietende oder Mietende anfechtbar sind (Art. 271a OR). Unter Anderem anfechtbar sind Kündigungen, wenn sie wegen Änderungen in der familiären Situation der Mietenden erfolgen, aus denen den Vermietenden keine wesentlichen Nachteile entstehen (Art. 271a Abs. 1 lit. f OR).
Als Änderungen in der familiären Situation gelten grundsätzlich Situationen, in denen sich der Personenbestand der Hausgemeinschaft verändert. Dies insbesondere durch Scheidung, Trennung, Heirat, Geburt oder Adoption eines Kindes, Aufnahme älterer Verwandten, Tod sowie grundsätzlich der Auszug der Kinder. Eine Kündigung ist in solchen Fällen nur zulässig, wenn den Vermietenden aus objektiver Sicht erhebliche Nachteile entstehen, beispielweise durch finanzielle Folgen oder bei Problemen infolge einer massiven Überbelegung. Die Moralvorstellung der Vermietenden spielt hingegen keine Rolle.
Die Anfechtung der Kündigung hat innert 30 Tagen nach Empfang bei der zuständigen Schlichtungsbehörde zu erfolgen (273 Abs. 1 OR).
Fazit
Änderungen des Familienstands können sich auf das Mietverhältnis auswirken. Es gibt dabei verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und es stellen sich in den unterschiedlichen Bereichen diverse Rechtsfragen (insb. im Zusammenhang mit der Kündigung des Mietvertrages).[1]
[1] Siehe dazu: «Mietrecht für die Praxis, 10. Auflage, insb. Kapitel 2, 6, 28 und 29» sowie «Das schweizerische Mietrecht, Kommentar, SVIT Schweiz, 5. Auflage, insb. Art. 253 und Art. 266i OR».