Abtretung von Stammanteilen
Wer seine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) übergeben will, kann mit dem Erwerber einen Vertrag zur Abtretung von Stammanteilen abschliessen. Hierbei gilt es einige Punkte zu beachten.
Form
Die Abtretung von Stammanteilen sowie die Verpflichtung zur Abtretung bedürfen der schriftlichen Form (Art. 785 Abs. 1 OR). Wenn die Übertragung der Stammanteile auch eine Statutenänderung mit sich bringt (z. B. weil es nur einen Stammanteil von CHF 20’000.00 gibt und die Stammanteile zerlegt werden müssen), bedarf der Gesellschafterbeschluss der öffentlichen Beurkundung. Der Abtretungsvertrag kann sehr einfach gehalten werden. Auf den meisten Internetseiten der Handelsregisterämtern gibt es hierzu Vorlagen. Gemäss Art. 785 Abs. 2 OR muss der Vertrag insbesondere Hinweise auf die statutarischen Rechte und Pflichten der Gesellschafter enthalten.
Zustimmung der Gesellschafterversammlung
Die Abtretung von Stammanteilen bedarf grundsätzlich der Genehmigung der Gesellschafterversammlung (Art. 786 Abs. 1 OR), es sei denn, die Statuten sehen eine abweichende Reglung vor (Art. 786 Abs. 2 OR). Erst wenn die Genehmigung erteilt wird, wird die Abtretung rechtswirksam (Art. 787 Abs. 1 OR). Es ist zu beachten, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Übertragung von Stammanteilen mit mindestens zwei Dritteln der Stimmen der anwesenden Gesellschafter sowie der absoluten Mehrheit des gesamten Stimmkapitals zu erfolgen hat (Art. 808b Abs. 1 Ziff. 4 OR).
Auch wenn in den Statuten das Zustimmungserfordernis nicht ausgeschlossen wurde, können die Stammanteile in gewissen Fällen ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung übertragen werden; dazu gehören insbesondere der Erwerb durch Erbgang, Erbteilung, eheliches Güterrecht oder Zwangsvollstreckung (Art. 788 Abs. 1 OR). Zur Ausübung ihres Stimmrechts und der damit zusammenhängenden Rechte muss die Gesellschaftsversammlung allerdings die erwerbende Person anerkennen (Art. 788 Abs. 2 OR).
Mantelhandel
Bei der Abtretung von Stammanteilen stellt sich regelmässig die Frage nach dem Mantelhandel. Als Mantelhandel gilt die Veräusserung der Mehrheit von Stammanteilen an einer Gesellschaft, welche zuvor wirtschaftlich liquidiert oder in liquide Form gebracht worden ist.
Die Liquidation erfolgt nur wirtschaftlich, ohne dass die veräussernden Personen das formelle Liquidationsverfahren und die Löschung im Handelsregister durchgeführt haben. Folgende typische Indizien deuten auf einen Mantelhandel hin: Firmenänderung und/oder Zweckänderung, Sitzverlegung, Mutationen in der Geschäftsführung.
Im Weiteren weist ein Mantelhandel folgendes typisches Merkmal auf: Die Gesellschaft hat ihre Geschäftstätigkeit eingestellt und die Mehrheit der Stammanteile wird veräussert.
Mit dieser Art von Transaktion versuchen veräussernde Personen eine Gesellschaft, deren Geschäftstätigkeit eingestellt wurde, formell zu liquidieren und dabei die Kosten und den (Zeit-)Aufwand für das Liquidationsverfahren zu vermeiden. Für die erwerbenden Personen bedeutet dies einerseits eine Zeit- und Kostenersparnis, da sie keine neue Gesellschaft gründen müssen; andererseits können sie die Vorjahresverluste der Gesellschaft in den nächsten Geschäftsjahren abziehen.
Folgendes gilt es jedoch zu beachten: Ein Mantelhandel ist unzulässig und hat zur Folge, dass die Abtretung der Stammanteile nichtig ist und sämtliche späteren Beschlüsse der Gesellschafterversammlung ungültig sind.
Seit dem Inkrafttreten der neuen Vorschriften über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses per 1. Januar 2025 verlangt das Handelsregisteramt des Kantons Bern eine Kopie der unterzeichneten Jahresrechnung des letzten abgelaufenen Geschäftsjahres und gegebenenfalls des Revisionsberichts bei jeder angemeldeten Abtretung der Gesamtheit aller Stammanteile.
Die Abtretung von Stammanteilen sollte sorgfältig geprüft werden, um unangenehme Folgen zu vermeiden bzw. nicht für nichtig erklärt zu werden.