Der Numerus Clausus im Gesellschaftsrecht
Das SECO meldet eine weiterhin getrübte Konjunktur Anfang 2025. Das hat Auswirkungen auf das KMU-Land Schweiz. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten suchen viele Unternehmerinnen und Unternehmer nach flexiblen Lösungen – auch bei der Wahl der passenden Gesellschaftsform. Der gesellschaftsrechtliche Numerus Clausus verhindert eine gänzlich freie und privatautonome Gestaltung der Gesellschaftsformen. Gründerinnen und Gründer müssen sich an den vorhandenen Grundformen bedienen.
Am Anfang steht die Gesellschaftsform
Sind bei Unternehmerinnen und Unternehmern innovative Geschäftsmodelle und flexible Strukturen gefragt, so müssen sie in einem ersten Schritt das passende Rechtskleid finden. Die unternehmerische Gestaltungsfreiheit stösst dabei aber auf Grenzen.
Der gesellschaftsrechtliche Numerus Clausus («geschlossene Anzahl») dient dem Verkehrsschutz. Der Geschäftspartner soll und darf wissen, womit er es zu tun hat. Aus diesem Grund stellt das hiesige Gesellschaftsrecht verschiedene Gesellschaftsformen zur Verfügung. Sie unterscheiden sich mal mehr, mal weniger. Es ist ausgeschlossen, zusätzliche Formen zu schaffen.
Die mit Abstand am häufigsten gewählte Rechtsform in der Schweiz ist das Einzelunternehmen (das – wie es der Name sagt – keine Gesellschaft ist), gefolgt von der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und der Aktiengesellschaft (AG).
Einzelunternehmen haben keine eigene Rechtspersönlichkeit und eine Mindesteinlage ist nicht erforderlich. Zahlreiche Gründerinnen und Gründer wählen für den Anfang diese Rechtsform bei der Gründung von Kleinst- oder Kleinunternehmen.
Bei den anderen Möglichkeiten, den Gesellschaften, hängt die Wahl der jeweiligen Form von unterschiedlichen Faktoren wie der Haftung, der Anzahl der Gesellschafter, dem Kapitalbedarf oder der gewünschten Flexibilität ab. Welche Gesellschaft also passt zu Ihrem Vorhaben?
Ein Rundflug über die Gesellschaftsformen
Die einfache Gesellschaft (Art. 530 ff. OR) ist eine Verbindung für eine einzelne Angelegenheit (keine Handelsgesellschaft). Die Gesellschafter haften persönlich, unbeschränkt und grundsätzlich solidarisch. Der Zweck besteht in der Erreichung eines gemeinsamen Ziels mit gemeinsamen Mitteln.
Die GmbH (Art. 772 ff. OR) ist momentan die beliebteste Gesellschaftsform. Es handelt sich um eine Körperschaft, an der natürliche oder juristische Personen beteiligt sein können. Sie zeichnet sich durch die ausschliessliche Haftung des Gesellschaftsvermögens aus und verfolgt meistens wirtschaftliche Zwecke.
Die AG (Art. 620 ff. OR) ist eine privatrechtliche Vereinigung mit Regelung durch das Aktienrecht. Es handelt sich um die typische Gesellschaftsform von Unternehmen mit grossem Kapitalbedarf. Die Zielsetzung ist auf die Vermögensvereinigung und Vermögensvermehrung gerichtet.
Die Kollektivgesellschaft (Art. 552 ff. OR) ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei natürlichen Personen mit subsidiärer Haftung. Träger der Rechte und Pflichten sind die Gesellschafter.
Die Kommanditgesellschaft (Art. 594 ff. OR) ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei natürlichen Personen mit teilweise unbeschränkter Haftung. Auch hier sind Träger der Rechte und Pflichten die Gesellschafter. Eine Mischform ist die Kommanditaktiengesellschaft (Art. 764 ff. OR).
Die Genossenschaft (Art. 828 ff. OR) ist ein Zusammenschluss von natürlichen oder juristischen Personen. Sie zeichnet sich durch eine offene Mitgliederzahl aus. Ihr Ziel ist der Erwerb oder die wirtschaftliche bzw. soziale Förderung ihrer Mitglieder durch den Geschäftsbetrieb («Selbsthilfe»).
Ein Verein (Art. 60 ff. ZGB) ist klassischerweise in geselligen, kulturellen, politischen, wissenschaftlichen oder wohltätigen Tätigkeitsfeldern aktiv. Er ist als Gesellschaftsform für nichtwirtschaftliche (ideelle) Zwecke ausgelegt.
Bei der Stiftung (Art. 80 ff. ZGB) handelt es sich nicht um eine Gesellschaft. Als Einrichtung verfolgt sie mit Hilfe eines gewidmeten Vermögens einen vom Stifter festgelegten Zweck. Sie kann in verschiedenen rechtlichen Formen (privat- oder öffentlichrechtlich) errichtet werden. Ihre Zielsetzung ist meistens auf gemeinnützige Zwecke ausgerichtet.
Gründungsvorhaben, Gründungsabschluss
Bei der Unternehmensgründung sind zahlreiche wichtige Punkte zu beachten. Dazu gehören etwa die Budgetierung der Gründungskosten, die Steuerberatung und -berechnung im Zusammenhang mit der Gründung, das Festlegen des Firmennamens (Abklärung beim kantonalen Handelsregisteramt), die Anmeldung bei der AHV-Ausgleichskasse und die Abklärung der Mehrwertsteuerpflicht (falls ja, Anmeldung bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung). Falls das Unternehmen auch Angestellte haben soll, ist zudem die Anmeldung der Angestellten bei der AHV-Ausgleichskasse und ein Abschluss der obligatorischen Versicherungen (Berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge sowie Unfallversicherung) zwingend.
Bei sämtlichen Gesellschaftsformen (mit Ausnahme der einfachen Gesellschaft) wird zudem die Erstellung eines Gesellschaftsvertrages oder der Statuten und die Anmeldung beim Handelsregisteramt vorgeschrieben. Des Weiteren sind die Organe zu bestimmen (z.B. Verwaltungsrat, Geschäftsführung, sowie Revisionsstelle) und die Annahmeerklärung der Revisionsstelle (falls nötig) ist einzufordern.
Inhaberinnen und Inhaber einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) unterstehen der gleichen Sozialversicherungspflicht wie Angestellte. Zusätzlich muss bei Kapitalgesellschaften die Aufteilung des Stamm- bzw. Aktienkapitals sowie die Liberierung (Einzahlung) festgelegt werden. Ferner ist eine Bank betreffend Sperrkonto für Stammeinlagen zu bestimmen und ein Konto zu eröffnen. Mit dem Vorweisen des Handelsregisterauszuges erfolgt die Freigabe des Stamm- bzw. Aktienkapitals. Schliesslich sind Stamm- bzw. Aktienzertifikate auszustellen und das Gesellschafter- bzw. Aktienbuch zu eröffnen.
Als eigentlicher «Gründungsakt» gilt die Durchführung der Gründungsversammlung, die ebenfalls bei fast allen Gesellschaftsformen (mit Ausnahme der einfachen Gesellschaft, Kollektiv- und Kommanditgesellschaf) vorgeschrieben ist. Dabei handelt es sich um ein «formelles Treffen», bei dem die Gesellschaft offiziell gegründet wird. Hier werden grundlegende Entscheidungen getroffen sowie formale Gründungsschritte eingeleitet oder abgeschlossen.
Fazit
Es heisst «Kleider machen [manchmal vielleicht doch] Leute». So auch bei den Gesellschaftsformen. Wenn Sie eine «zündende Idee» haben, Ihnen aber noch das passende (Rechts-)Kleid fehlt, so ist eine juristische Beratung in jedem Fall empfehlenswert. Dabei werden Ihnen insbesondere die Vor- und Nachteile der einzelnen Gesellschaften erklärt.