Skip to main content
Rächtzytig

Revision der Zivilprozessordnung

Revision der Zivilprozessordnung

Am 1. Januar 2025 tritt die revidierte Fassung der schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) in Kraft. Die Revision dient der Umsetzung verschiedener parlamentarischer Vorstösse und der Verbesserung der Praxistauglichkeit und der Rechtsdurchsetzung der ZPO.

Das erste vereinheitlichte Zivilprozessrecht der Schweiz trat am 1. Januar 2011 in Kraft. Obwohl diese Konsolidation des Prozessrechts grundsätzlich als praxistauglich angesehen wurde, wurden verschiedene Vorstösse zur Änderung gewisser Problemstellungen eingereicht. Um eine Anhäufung von Vorstössen zu einzelnen Punkten zu vermeiden, wurde entschieden, die ZPO einer Gesamtschau zu unterziehen. Nach dieser Gesamtüberprüfung ergeben sich folgende (nicht abschliessende) punktuellen Anpassungen in der ZPO:

Den Kantonen wird neu ermöglicht, spezialisierte Gerichte oder Gerichtskammern zur Beurteilung internationaler Handelsstreitigkeiten zu schaffen. Die Schweiz festigt hierdurch ihre Position als gefragter Standort für internationale Schiedsgerichte und stärkt ihre Rolle als internationaler Rechtsstandort im Handelsbereich. Zur Berücksichtigung dieser Internationalität wird den Parteien neu die Möglichkeit offenstehen, Englisch als Verfahrenssprache zu wählen.

Die Mehrheit der Verfahren wird durch ein aussergerichtliches Schlichtungsverfahren beigelegt. Da sich das rasche, effiziente und kostengünstige Streitbeilegungsverfahren bewährt hat, soll dieses nun ausgebaut werden. War es den Schlichtungsbehörden bis zum jetzigen Zeitpunkt nur möglich Urteilsvorschläge zu unterbreiten, sofern der Streitwert bis zu CHF 5’000 betraf, so wird deren Kompetenz durch eine Erhöhung dieser Grenze auf CHF 10’000 beträchtlich erweitert. Zusätzlich wird für gewisse Streitigkeiten ein freiwilliges Schlichtungsverfahren eingeführt.

Auch das Familienverfahrensrecht wird in einigen Belangen abgeändert. Kommt kein summarisches Verfahren zur Anwendung, so sollen familienrechtliche Streitigkeiten neu im vereinfachten Verfahren durchgeführt werden. Die Laienfreundlichkeit der ZPO kann dadurch erhöht werden. Insbesondere im streitigen Scheidungsverfahren wird diese Änderung zur Anwendung kommen. Klagen bezüglich Kinderbelange inkl. Unterhalt sollen neu durch den Untersuchungs- und Offizialgrundsatz beherrscht sein. Es ist mit weiteren Anpassungen im Familienverfahrensrecht in näherer Zukunft zu rechnen.

Zurzeit darf das Gericht von der klagenden Partei einen Vorschuss bis zur Höhe der mutmasslichen Gerichtskosten verlangen. Hat die Partei keinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, ist jedoch finanziell nicht besonders gut gestellt, so wird ihr der Zugang zum Gericht durch die Erhebung dieses Vorschusses erschwert. Die Verminderung des Vorschusses auf max. die Hälfte der möglichen Gerichtskosten soll diese Klagebarriere beseitigen. Zu erwähnen ist hierbei, dass ein Ausnahmekatalog besteht und für gewisse Streitigkeiten weiterhin die Pflicht der Leistung eines gesamten Gerichtskostenvorschuss besteht. Wird der Kostenvorschuss an das Gericht von der nicht kostenpflichtigen Partei entrichtet, so wird ihr dieser neu nach Abschluss des Verfahrens zurückbezahlt und bei der kostenpflichtigen Partei nachgefordert. Das Inkassorisiko der Gegenpartei trägt somit nicht mehr die obsiegende Partei, sondern neu der Staat.

In Anbetracht der fortschreitenden Digitalisierung sollen nun elektronische Mittel zur Bild- und Tonübertragung beigezogen werden. Hiermit wird ermöglicht, dass Verhandlungen künftig auch mittels Videokonferenz durchgeführt werden können, sofern die Parteien damit einverstanden sind.

Die voraussichtlich am 1. Januar 2025 in Kraft tretende ZPO enthält somit zahlreiche Änderungen und Verbesserungen. Das neue Prozessrecht berücksichtigt u.a. bedeutende internationale Aspekte und passt sich dem digitalen Fortschritt an. Zudem wird durch verschiedene Anpassungen der Zugang zum Gericht erleichtert.

Empfehlen Sie diesen Beitrag weiter: