Neuerungen im Vergaberecht
Die gesetzlichen Grundlagen des öffentlichen Beschaffungswesens des Bundes und der Kantone wurden harmonisiert. Dieser Artikel gibt eine kurze Übersicht über die wesentlichen Änderungen.
Am 1. Januar 2021 sind die Änderungen des Submissionsrechts (Vergaberecht) des Bundes in Kraft getreten. Parallel zur Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) wurde die Interkantonale Vereinbarung über das Beschaffungsrecht (iVöB) angepasst. Ziel war es einerseits, die Regelungen von Bund und Kantonen zu vereinheitlichen und anderseits, das WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) aus dem Jahre 2012 umzusetzen. Die iVöB tritt in Kraft, sobald ihr mindestens zwei Kantone beigetreten sind.
Eine wesentliche Änderung ist, dass der Zuschlag nicht mehr dem wirtschaftlich günstigsten Angebot, sondern dem vorteilhaftesten Angebot erteilt wird. Mit der neuen Formulierung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass neben dem Preis weitere Faktoren (Zuschlagskriterien) mitbewertet werden, es also um die Gesamtqualität des Angebots geht. Neben dem Preis soll deshalb neu auch die Qualität stets als Zuschlagskriterium berücksichtigt werden. Es soll damit erreicht werden, dass nicht mehr nur ein Preiswettbewerb stattfindet, sondern auch die Qualität im Fokus steht.
Weiter wurden als mögliche Zuschlagskriterien neben den bisherigen Kriterien der Wirtschaftlichkeit, des Kundendienstes, der Zweckmässigkeit und der Ästhetik auch die Zuschlagskriterien Termine, technischer Wert, Lebenszykluskosten (Oberbegriff für Beschaffungs-, Betriebs-, Rückbau- und Entsorgungskosten), Nachhaltigkeit (beinhaltet die drei Dimensionen Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Soziales), Plausibilität des Angebots, die unterschiedlichen Preisniveaus in den Ländern, in welchen die Leistung erbracht wird, Verlässlichkeit des Preises, Kreativität, Lieferbedingungen, Infrastruktur, Innovationsgehalt, Funktionalität, Servicebereitschaft, Fachkompetenz oder Effizienz der Methodik ins BöB und die iVöB aufgenommen. Ausserhalb des Staatsvertragsbereichs kann die Auftraggeberin ergänzend berücksichtigen, inwieweit die Anbieterin Ausbildungsplätze für Lernende in der beruflichen Grundbildung, Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmende oder eine Wiedereingliederung für Langzeitarbeitslose anbietet.
Nicht mehr erlaubt sind reine Abgebotsrunden (also Preisverhandlungen). Weiterhin möglich sind aber Bereinigungen der Angebote. Ziel ist dabei die Angebote objektiv vergleichbar zu machen, indem Missverständnisse geklärt und Lücken in den Ausschreibungsunterlagen gefüllt werden können. Unzulässig ist aber die Anpassung von unvollständigen oder anderweitig nicht den Ausschreibungsunterlagen entsprechenden Angeboten. Diese sind vom Verfahren auszuschliessen. Die Bereinigungsgespräche müssen protokolliert werden.
Weiter muss die Beschwerde gegen einen Zuschlag nicht mehr bei einer unteren kantonalen Instanz (in Bern beim Regierungsstatthalteramt), sondern direkt beim kantonalen Verwaltungsgericht eingereicht werden. Damit fällt eine Instanz weg. In Angelegenheiten des BöB ist die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht resp. beim Bundesgericht einzureichen. Die Beschwerdefrist beträgt neu auch in den Kantonen 20 Tage statt die bisherigen 10 Tage.
Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen und die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts gerügt werden.
Erweist sich im kantonalen Bereich die Beschwerde als begründet und ist der Vertrag mit dem berücksichtigten Anbieter bereits abgeschlossen, stellt die Beschwerdeinstanz fest, inwiefern die angefochtene Verfügung das anwendbare Recht verletzt. Gleichzeitig mit der Feststellung der Rechtsverletzung entscheidet die Beschwerdeinstanz über ein allfälliges Schadenersatzbegehren (bisher mussten Schadenersatzbegehren in einem separaten Verfahren geltend gemacht werden). Der Schadenersatz ist jedoch auf die erforderlichen Aufwendungen, die dem Anbieter im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Einreichung seines Angebots erwachsen sind, beschränkt. Ersetzt werden also bloss die Offertkosten, d.h. die dem Anbieter im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Einreichung des Angebots erwachsenen Kosten. Darüber hinausgehende Kosten (wie der entgangene Gewinn) können nicht geltend gemacht werden.
Die Aufhebung der Verfügung und eine Erteilung des Zuschlags an den Beschwerdeführer sind auf kantonaler Ebene nur dann möglich, wenn der Vertrag mit dem Zuschlagsempfänger noch nicht abgeschlossen wurde. Auf Bundesebene kann bei Aufträgen ausserhalb des Staatsvertragsbereichs mit der Beschwerde nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit verlangt werden. Eine Zuschlagserteilung an den Beschwerdeführer kann nicht verlangt werden.
Gerne beraten und unterstützen wir Sie beim Verfassen einer Beschwerde in Submissionsangelegenheiten. Selbstverständlich stehen wir Ihnen mit unserer langjährigen Erfahrung auch bei sämtlichen anderen Fragen rund um das Vergaberecht gerne zur Verfügung.