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Rächtzytig

Lärm im Stockwerkeigentum

Lärm im Stockwerkeigentum

Es gibt in der Schweiz kein Gesetz, welches Lärmbelästigungen im nachbarschaftlichen Verhältnis explizit regelt. In den Artikeln 679 und 684 ff. statuiert das Zivilgesetzbuch lediglich ein paar Grundzüge für ein friedliches Neben- und Miteinander.

Im Wesentlichen werden Nachbaren dazu angehalten übermässige Einwirkungen, wie beispielsweise Geruch, Erschütterung oder eben auch Lärm, auf das Eigentum des jeweils anderen zu unterlassen.

Was bedeutet «übermässige Einwirkung»? Wann ist Lärm übermässig?

Wann eine Einwirkung übermässig ist, hängt jeweils von den konkreten Umständen und damit im Wesentlichen von der Lage des Grundstücks sowie vom Ortsgebrauch ab. Was in einer Industriezone erlaubt ist, kann in einem Wohngebiet unter Umständen als übermässig eingestuft werden. In Bezug auf Lärmeinwirkungen sind hierbei insbesondere die Ruhezeiten und Nachtruhe gemäss dem örtlichen Polizei- und Gemeindereglement von Bedeutung. Aus subjektiver Sicht wird immer auf den Durchschnittsmenschen abgestellt. Würde ein «normaler» Durchschnittsmensch in derselben Situation den Lärm als störend, als übermässig empfinden?

Regulieren statt Diskutieren

Die generellen Bestimmungen in den Artikeln 679 und 684 ff. ZGB sind dispositiver Natur und können somit durch individuelle Regelungen abgeändert oder ersetzt werden. Solche Vereinbarungen werden im Rahmen einer Hausordnung oder einem Stockwerkeigentümerreglement getroffen.

Fehlende oder zu wenig spezifizierte Regelungen in den rechtlichen Grundlagen einer Mit- oder Stockwerkeigentümergemeinschaft sind oft die Ausgangslage von endlosen Diskussionen. Das Aufstellen von individualisierten Regelungen, welche den besonderen Umständen einer Gemeinschaft Rechnung tragen, ist daher sinnvoll und kann wesentlich zur Vermeidung von Konflikten beitragen. Je konkreter die jeweiligen Rechte und Pflichten definiert sind, desto weniger gibt es unter den Nachbaren Raum für Auseinandersetzungen.

Auslöser vieler nachbarschaftlicher Probleme sind oft aber auch grundlegend falsche Vorstellungen der Eigentümer. Diese lassen sich auf das klassische Bild der Einfamilienhaus-Romantik zurückführen, welches sich, trotz Erwerb einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, irgendwo in den Hinterköpfen der Käufer befindet. Und damit die Vorstellung einer Autonomie, die man in einem Mehrfamilienhaus so nicht hat. Oft wird vergessen, dass man sich hier in eine Gemeinschaft einkauft. Das bezieht sich auf das Zusammenleben und gegenseitige Respektieren, das Befolgen von gewissen Regeln aber auch auf viele Sachverhalte, welche gemeinsam beschlossen werden müssen, wie beispielsweise eine nachträgliche Installation von Ladestationen, eine Sanierung einer vermeintlich privaten Dachterrasse etc.

Eine Überregulierung kann jedoch durchaus auch problematisch werden, denn die Grundlagen gelten im Grundsatz ewig. Gleichzeitig wird die Welt immer komplexer. In vierzig Jahren werden sich Probleme stellen, an die wir heute noch nicht einmal ansatzweise denken. Deshalb gilt es bei der Ausgestaltung der Grundlagen ein Gleichgewicht zwischen allgemein gehaltenen Grundsätzen und präzisen Regelungen einzelner, mit Problemen behafteter Sachverhalte, zu finden.

Wie geht man im Problemfall vor?

Natürlich kann man sofort die Polizei rufen und am nächsten Tag ans Gericht eskalieren. Aber gerade beim Stockwerkeigentum (noch viel mehr als in einer Mietwohnung) sollte man sich bewusst sein, dass man mit den Nachbaren noch sehr lange auskommen muss. Somit ist es sicherlich zielführender, in einem ersten Schritt den direkten Dialog zu suchen und zu versuchen, den Konflikt zu lösen und Kompromisse zu finden. Hier kann unter Umständen ein Mediator oder eine Mediatorin hilfreich sein. Allenfalls macht es Sinn, die rechtlichen Grundlagen von einer unabhängigen Stelle analysieren zu lassen und in diesem Zusammenhang dann anzupassen. Dies bedingt aber insbesondere auch die Dialogbereitschaft des (vermeintlichen) Störers bzw. der (vermeintlichen) Störerin.

Lohnt sich der Gang vor Gericht?

Das ist sicher ultima ratio und beeinträchtigt das nachbarschaftliche Verhältnis in den meisten Fällen nachhaltig. Der Weg ans Gericht sollte somit erst dann, und am besten in Absprache mit weiteren Nachbaren, begangen werden, wenn alle weiteren erwähnten Instrumente nicht gefruchtet haben.

Welche Möglichkeiten hat man vor Gericht? (Beseitigungsklage, Unterlassungsklage, Schadensersatz usw.)

Mittels Klage kann man akute Überschreitungen beseitigen lassen oder erwirken, dass zukünftige Überschreitungen untersagt werden. Zusätzlich kann Schadenersatz für finanzielle Beeinträchtigungen verlangt werden.

Fazit

Stockwerkeigentümerschaften sind langfristige Zweckgemeinschaften. Die Wahrung eines guten nachbarschaftlichen Klimas ist für Wohneigentümer daher absolut wesentlich. Gegenseitige Rücksichtnahme einerseits sowie gegenseitige Toleranz andererseits sind unerlässlich.

Haben Sie Fragen im Zusammenhang mit Stockwerkeigentum oder benötigen Sie Unterstützung bei der Ausarbeitung rechtlicher Grundlagen?

Gerne stehen wir Ihnen mit unserem breiten Know-How zur Verfügung.
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