Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber
Michael Appenzeller, Rechtsanwalt
Patric Braun, Anwaltskandidat
Die einseitige Auflösung des Arbeitsvertrages ist überwiegend mit negativen Folgen oder Risiken für den Arbeitnehmer verbunden. Oftmals kommt es deshalb vor, dass dieser von seinem Anwalt oder seiner Rechtsvertretung die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung einer rechtlichen Prüfung unterziehen lässt, und sich der Arbeitgeber schon bald darauf mit umfangreichen Geldforderungen konfrontiert sieht.
In diesem Beitrag sollen die wichtigsten Fragen um das Vorgehen bei der Kündigung erläutert und auf potenzielle Fehlerquellen hingewiesen werden, so dass ein gekündigtes Arbeitsverhältnis auch tatsächlich abgeschlossen bleibt und möglichst nicht vor Gericht wieder (mühsam) aufgekocht werden muss.
Allseits bekannt ist die grundsätzliche Gliederung der Kündigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber kann entweder das Vertragsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist (ordentlich) oder direkt und fristlos mit der Aussprache der Kündigung (ausserordentlich) beenden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Bezüglich des Zeitpunktes einer zulässigen Kündigung stösst man aber bereits auf die erste Hürde. Diese Hürde nennt sich der zeitliche Kündigungsschutz.
Der zeitliche Kündigungsschutz
Zum Schutze der Vertragsparteien schränkt das Obligationenrecht (OR) die zeitunabhängige Kündigungsmöglichkeit nach Ablauf der Probezeit ein. Das Gesetz statuiert sogenannte Sperrfristen, welche Art. 336c Abs. 1 lit. a – d OR entnommen werden können und namentlich etwa die Zeit betreffen, in welcher sich der Arbeitnehmer im Militärdienst, die Arbeitnehmerin im Mutterschaftsurlaub befindet oder der Arbeitnehmende unverschuldet arbeitsunfähig ist. Achtung aufgepasst: Für die unverschuldete Arbeitsunfähigkeit reicht es bereits aus, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr seinem vereinbarten Arbeitspensum nachkommen kann.[1]
Eine Kündigung während dieser Sperrfrist führt zur kompletten rechtlichen Unwirksamkeit. Mit anderen Worten: Die Kündigung ist nie passiert. Fällt demgegenüber eine Sperrfrist nach einer ordentlichen Kündigung mit der Kündigungsfrist zusammen (bspw., wenn der gekündigte Arbeitnehmer in den Militärdienst einrückt), wird diese um die Dauer des Ereignisses verlängert. Dies kann im Einzelfall eine genaue Fristenrechnerei nach sich ziehen, da auch in so einem Fall der Vertrag immer nur auf Monatsende beendet werden kann.
Der sachliche Kündigungsschutz
Nebst dem Zeitpunkt ist vor allem auch der Grund für die Kündigung ein Auslöser zahlreicher Rechtsstreitigkeiten. Auch hierzu statuiert das Gesetz mit Art. 336 Abs. 1 und 2 OR wiederum Schranken; in diesem Fall in Form von Gründen, welche eine gestützt darauf erfolgte Kündigung als missbräuchlich gelten lassen. Diese missbräuchlichen Kündigungsgründe sind vielfältig und können nur schwer allgemein dargestellt werden. Sie sind leider auch nicht abschliessend aus dem Gesetz ersichtlich, werden aber durch die Rechtsprechung konkretisiert und können sich gar aus der Art und Weise ergeben, wie der Arbeitgeber die Kündigung überhaupt erst ausspricht.[2]
Ähnliches gilt auch bei der fristlosen Kündigung. Nur ist hier nicht einfach die fehlende Missbräuchlichkeit vorausgesetzt, sondern es braucht besondere und wichtige Gründe, die selbst eine fristlose Entlassung zu rechtfertigen vermögen (Art. 337 Abs. 1 OR). Ansonsten ist die fristlose Entlassung ungerechtfertigt.
Besondere Bedeutung kommt also in beiden Fällen den jeweiligen Ursachen der Kündigung zu. Aus der Praxis ist aber immer wieder das Fehlerbild erkennbar, dass die geltend gemachten Ursachen für eine Kündigung unvorteilhaft oder unvollständig mitgeteilt werden, obwohl man eigentlich, bei näherem Hinsehen, gute Gründe gehabt hätte. Dieser einfach zu vermeidende Fehler ist folgenschwer und kann dazu führen, dass der Arbeitgeber entweder Lohn nachzahlen muss und/oder zu einer sogenannten Pönale verpflichtet wird.
Folgen mangelhafter Kündigungsgründe
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass ein Arbeitsverhältnis im Unterschied zu anderen Vertragsverhältnissen selbst dann endet, wenn die Kündigung wegen ihres Grundes eigentlich ungerechtfertigt oder missbräuchlich war (kein Bestandesschutz wie im Mietrecht bei Missbräuchlichkeit). Der Arbeitgeber sieht sich diesfalls nach Entlassung eines Mitarbeiters aber möglicherweise mit durch den Arbeitnehmer geltend gemachter Entschädigung aus missbräuchlicher Kündigung (Pönale) konfrontiert, welche vom Richter nach freiem Ermessen festgelegt wird (Art. 336a Abs. 2 und 337c Abs. 3 OR). Bei einer ungerechtfertigten fristlosen Entlassung tritt noch eine Lohnfortzahlungspflicht bis zu demjenigen Zeitpunkt hinzu, indem das Arbeitsverhältnis nach ordentlicher Kündigung aufgelöst worden wäre.
Diese Gegenüberstellung lässt durchblicken, dass man bei Unsicherheit, ob die vergangenen Vorfälle für eine fristlose Kündigung ausreichen, lieber den Weg über die ordentliche Kündigung unter Freistellung des Gekündigten wählt. Damit reduziert der Arbeitgeber sein Risiko bei Fällen, welche sich in einem Graubereich befinden.
Mitteilung des Kündigungsgrundes
Aus den vorangehenden Ausführungen geht hervor, dass bei der Begründung der Kündigung dringendst Fehler vermieden werden sollten. Eine Stolperfalle ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichts auszumachen. Nach dieser ist es nur sehr eingeschränkt möglich einer bereits erfolgten und begründeten Kündigung weitere Kündigungsgründe beizufügen bzw. «nachzuschieben». Eine nachträgliche Ergänzung des Kündigungsschreibens kann nur dann erfolgen, wenn man sich auf Umstände bezieht, welche sich vor dem Zeitpunkt der Kündigung bereits ereignet haben oder zu diesem Zeitpunkt dem Kündigenden noch nicht bekannt sein konnten.[3]
Dies bedeutet schlussendlich, dass eine erfolgte Begründung eines Kündigungsschreibens bereits beim ersten Male «sitzen» und darüber hinaus vollständig und ausreichend sein muss, um die Kündigung sachlich zu rechtfertigen.
Fazit
Wir empfehlen Ihnen deshalb dringend, nicht vorschnell mit der Begründung der Kündigung herauszurücken. Selbstverständlich hat die gekündigte Partei einen Anspruch, die konkreten Ursachen der Entlassung zu erfahren (Art. 335 Abs. 1 und Art. 337 Abs. 1 OR). Dies jedoch nur, wenn eine Begründung verlangt wird.
Sollten Sie sich bezüglich des Inhaltes oder dem Zeitpunkt der Kündigung nicht sicher sein oder bei der Formulierung Zweifel haben, dann zögern Sie nicht, einen Rechtsbeistand beizuziehen. Dies ist keine grosse Angelegenheit, kann aber matchentscheidend sein. In der Praxis sieht man zahlreiche Fälle, in denen durch ungeschickte und unvollständige Begründung des Kündigungsschreibens die Sache in einem späteren Gerichtsprozess bereits zu Beginn entschieden war.
[1] Ist ein Arbeitnehmer bspw. auch nur zu 10 % arbeitsunfähig, so ist bei der Kündigung die Sperrfrist zu beachten.
[2] Entscheid des Bundesgerichts (BGE) 132 III 115 E. 2, S. 116f.
[3] BGE 142 III 579 E. 4.3, S. 580.