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Die elektronische Unterschrift im Rechtsverkehr: Wie unterzeichne ich rechtsverbindlich?

Die elektronische Unterschrift im Rechtsverkehr: Wie unterzeichne ich rechtsverbindlich?

Michael Appenzeller, Rechtsanwalt
Michelle Aufiero, MLaw

Auch im Rechtsverkehr hält die Digitalisierung Einzug. Namentlich Eingaben an Gerichte oder Verträge müssen heute nicht mehr unbedingt physisch ausgedruckt und beidseitig eigenhändig unterzeichnet werden. Möglich macht dies die elektronische Signatur. Dieser Artikel erläutert die verschiedenen Arten der elektronischen Signatur und zeigt auf, was im Umgang mit einer elektronischen Signatur beachtet werden muss, damit diese rechtsverbindlich ist.

Allgemeines

Bei der elektronischen Signatur handelt es sich um ein technisches Verfahren, welches der Überprüfung der Echtheit eines Dokuments, elektronsicher Daten, einer elektronischen Nachricht oder der Identität der unterzeichnenden Person dient. Mit elektronischen Signaturen wird sichergestellt, dass der Inhalt des Dokumentes nicht unbemerkt verändert werden kann (Integrität) und die Herkunft des Dokumentes garantiert ist (Authentizität). Sie kann teilweise an Stelle einer eigenhändigen Unterschrift treten und damit auch den obligationenrechtlichen Anforderungen an Formvorschriften genügen.

Formvorschriften im Obligationenrecht

Formvorschriften werden durch das Gesetz vorgesehen, um die Parteien vor einem übereilten Vertragsabschluss zu schützen. Des Weiteren dienen sie der Sicherheit des Rechtsverkehrs und der Schaffung klarer Verhältnisse. Das schweizerische Obligationenrecht unterscheidet drei Hauptarten von Formvorschriften: die einfache Schriftlichkeit, die qualifizierte Schriftlichkeit und die öffentliche Beurkundung.

Einfache Schriftlichkeit bedeutet, dass der Vertragsinhalt in einer Urkunde festgehalten werden muss und die Parteien, die durch die Urkunde verpflichtet werden sollen, diese unterzeichnen müssen. Beispielsweise bedarf ein Schenkungsversprechen nach Art. 243 Abs. 1 OR der einfachen Schriftlichkeit. Die qualifizierte Schriftlichkeit erfordert neben den Erfordernissen der einfachen Schriftlichkeit, dass in der Urkunde zwingend weitere Angaben enthalten sind oder weitere Formalitäten, etwa ein besonders genehmigtes Formular benutzt wird. So muss beispielsweise bei der Bürgschaft gemäss Art. 493 Abs. 1 OR in der schriftlichen Erklärung der zahlenmässige Höchstbetrag der Haftung des Bürgen enthalten sein. Unter der Formvorschrift der öffentlichen Beurkundung wird das Herstellen eines Schriftstückes durch eine vom Staat mit dieser Aufgabe betrauten Person (Urkundsperson, Notar), in der vom Staat geforderten Form und in dem von ihm vorgeschriebenen Verfahren verstanden. Beispielsweise muss der Kaufvertrag über ein Grundstück gemäss Art. 216 Abs. 1 OR öffentlich beurkundet werden.

Anforderungen an die Unterschrift

Ein Vertrag, für den die schriftliche Form vorgeschrieben ist, muss die Unterschriften aller Personen tragen, die durch ihn verpflichtet werden sollen (Art. 13 Abs. 1 OR). Grundsätzlich ist die Unterschrift eigenhändig vorzunehmen (Art. 14 Abs. 1 OR). Eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Wege, u.a. durch Stempel oder Druck, wird dann als der einfachen Schriftform ebenbürtig betrachtet, wenn der Gebrauch verkehrsüblich ist. Dies ist ausserhalb vertraglicher Vereinbarungen beispielsweise bei Massenpapieren wie Aktien, Anleihensobligationen oder Pfandbriefen der Fall. Damit sieht das Obligationenrecht aber grundsätzlich vor, dass Unterschriften eigenhändig erbracht werden müssen.

In Bezug auf die elektronische Signatur trägt das Bundesgesetz vom 18. März 2016 über die elektronische Signatur (ZertES) dem Umstand Rechnung, dass sowohl im Rechtsverkehr zwischen Privatpersonen als auch im Verkehr mit Behörden und der Justiz, die Digitalisierung voranschreitet.

Nach Art. 14 Abs. 2bis OR ist die mit einem qualifizierten Zeitstempel verbundene qualifizierte elektronische Signatur gemäss ZertES, der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt.

Arten von elektronischen Signaturen

Das ZertES unterscheidet zwischen der einfachen, der fortgeschrittenen, der geregelten und der qualifizierten elektronischen Signatur. Weitere Erscheinungsformen der elektronischen Signatur wie bspw. das geregelte elektronische Siegel, werden vorliegend nicht behandelt. Das ZertES definiert die einfache elektronische Signatur als «Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder die logisch mit ihnen verknüpft sind und zu deren Authentifizierung dienen» (Art. 2 lit. a ZertES). Sowohl ein Name am Ende einer E-Mail als auch das Ankreuzen eines Kästchens oder die Eingabe eines PIN-Codes in ein dafür vorgesehenes Feld gelten als einfache elektronische Signatur. Die fortgeschrittene elektronische Signatur ist ausschliesslich ihrer Inhaberin oder ihrem Inhaber zugeordnet, ermöglicht die Identifizierung der Inhaberin oder des Inhabers, wird mit Mitteln erzeugt, welche die Inhaberin oder der Inhaber unter ihrer oder seiner alleinigen Kontrolle halten kann (z.B. ein Passwort) und ist mit den Daten, auf die sie sich bezieht, so verknüpft, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann (Art. 2 lit. b ZertES). Die geregelte elektronische Signatur weist neben den Voraussetzungen der fortgeschrittenen elektronischen Signatur die Verwendung einer sicheren Signaturerstellungseinheit auf. Weiter zeugt sie davon, dass Signatur auf einem geregelten, auf eine natürliche Person ausgestellten und zum Zeitpunkt der Erzeugung der elektronischen Signatur gültigen Zertifikat beruht (Art. 2 lit. c ZertES).

Die einfache, die fortgeschrittene und die geregelte elektronische Signatur erfüllen die Voraussetzungen einer qualifizierten elektronischen Signatur nicht. Somit können sie in Anwendung von Art. 14 Abs. 2bis OR die eigenhändige Unterschrift nicht ersetzen. Sie können aber dem im Rahmen der Beweiswürdigung dem Nachweis eines bestehenden Konsenses dienen. Im Weiteren ist zu beachten, dass die vorgenannten Signaturen auch nicht den Anforderungen an einer Schuldanerkennung i.S.v. Art. 82 SchKG entsprechen. Ausreichend ist lediglich eine qualifizierte elektronischen Signatur.

Die qualifizierte elektronische Signatur ist eine geregelte elektronische Signatur, die auf einem qualifizierten Zertifikat beruht. Ein qualifiziertes Zertifikat darf nur auf eine natürliche Person ausgestellt werden, enthält einen Eintrag, wonach es nur für die elektronische Signatur bestimmt ist und den Hinweis, dass es sich um ein qualifiziertes Zertifikat handelt. Neben dem qualifizierten Zertifikat ist für die Gleichstellung mit der eigenhändigen Unterschrift noch die Verbindung mit einem qualifizierten Zeitstempel erforderlich.

Sämtliche Anbieter qualifizierter elektronischer Zeitstempel und Signaturen werden durch die zuständige Anerkennungsstelle überprüft und anerkannt. Derzeit gibt es in der Schweiz vier Anbieter: Die Swisscom, QuoVadis Trustlink Schweiz AG, SwissSign AG und das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT).

Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur im Rechtsverkehr

Schreibt das Gesetz die Formvorschrift der einfachen Schriftlichkeit vor, kann mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur rechtsgültig digital unterschreiben werden. Wird die qualifizierte Schriftlichkeit oder eine öffentliche Beurkundung verlangt, genügt eine qualifizierte elektronische Signatur zur Erfüllung der Formvorschrift nicht.

Die qualifizierte elektronische Signatur hat zahlreiche Vorteile. Insbesondere stehen Zeitgewinn, Verringerung der Handhabungskosten und der Kosten für den Versand durch internationale Kurierdienste, direkte Verfolgung des Unterzeichnungsprozesses mithilfe von Nachrichten, welche die geleisteten Unterschriften bestätigen (Transparenz) und auch ein Gewinn für die Umwelt im Vordergrund.

Zu beachten ist, dass die qualifizierte elektronische Signatur nur natürlichen Personen zur Verfügung steht. Für juristische Personen gibt es ein elektronisches Siegel, welches allerdings nicht der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt ist und damit auch nicht die Voraussetzungen der einfachen Schriftlichkeit erfüllt. Unterzeichnen aber entsprechend zeichnungsberechtigte oder bevollmächtigte Organe einer juristischen Person elektronisch, können sie ihre elektronische Signatur als natürliche Person verwenden.

Digitalisierung in der Justiz

Eingaben an Behörden und Gerichte können bereits seit dem 1. Januar 2011 generell auch elektronisch übermittelt werden. Elektronische Eingaben müssen über die vom Bund anerkannten Zustellplattformen erfolgen. Bei der elektronischen Übermittlung müssen die Eingabe und die Beilagen mit einer anerkannten elektronischen Signatur der Absenderin oder des Absenders versehen sein. Zukünftig soll es technisch und organisatorisch möglich sein, tatsächlich flächendeckend digital zu arbeiten.

Das aktuell bedeutendste, gesamtschweizerische Digitalisierungsprojekt ist Justitia 4.0. Das Projekt verfolgt das Ziel, die Verfahren der Justiz zu digitalisieren. Ziel des Projektes ist es, die heutigen Papierakten durch elektronische Dossiers zu ersetzen. Damit erfolgen zukünftig auch Parteieingaben (Fristerstreckungsgesuche, Klagen, Gesuche und Stellungnahmen) digital. Zukünftig soll auf das Erfordernis einer elektronischen Signatur für elektronische Eingaben verzichtet werden. Vorgesehen ist, dass die entsprechende Zustellungsplattform anstelle der elektronischen Signatur ein geregeltes elektronisches Siegel anbringt. Dies gilt aber nur im Rechtsverkehr mit den Behörden.

Zusammenfassung

Die elektronische Signatur vereinfacht im Rechtsverkehr die Unterzeichnung von Dokumenten. Wichtig ist, dass sich der Anwender bewusst ist, dass verschiedene Arten von elektronischen Signaturen vorgesehen sind und auch weiss, welche Art von Signatur für welches Rechtsgeschäft notwendig ist.

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