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Rächtzytig

Die dreijährige Sperrfrist bei Wiedereinkauf in die Pensionskasse nach der Scheidung

Die dreijährige Sperrfrist bei Wiedereinkauf in die Pensionskasse nach der Scheidung

Franco Crespi, Notar
Nina Sterchi, MLaw

In der „Rächtzytig“ vom Februar 2022 hat Rechtsanwältin Chantal Bugnon auf die Konsequenzen der dreijährigen Sperrfrist nach dem Einkauf in die Pensionskasse aufmerksam gemacht. Bezugnehmend und als Ergänzung zum Beitrag vom Februar 2022 wird im Folgenden auf den Wiedereinkauf in die Pensionskasse nach einer Scheidung und die Bedeutung der dreijährigen Sperrfrist hingewiesen. Das Bundesgericht äusserte sich zu dieser Thematik in einem Entscheid vom Juli 2016.

Das Scheidungsrecht sieht einen Ausgleich der Ansprüche aus beruflicher Vorsorge vor. Die geschuldete Austrittsleistung wird von der Vorsorgeeinrichtung des verpflichteten Ehegatten auf die Vorsorgeeinrichtung des berechtigten Ehegatten übertragen. Die Vorsorgeeinrichtung des verpflichteten Ehegatten muss diesem nach der Scheidung die Möglichkeit bieten, sich im Rahmen der aufgrund der Scheidung übertragenen Austrittsleistung wieder einzukaufen. Der verpflichtete Ehegatte soll dadurch die Möglichkeit haben, sich nach der Scheidung vorsorgemässig wieder so zu stellen, wie vor der Scheidung.

Es stellt sich die Frage, wie sich die dreijährige Sperrfrist von Art. 79b Abs. 3 BVG auf einen Wiedereinkauf nach einer Scheidung kurz vor der Pensionierung auswirkt. Grundsätzlich gilt nach Art. 79b Abs. 3 BVG, dass nach getätigten Einkäufen in die Pensionskasse, die daraus resultierenden Leistungen während den nächsten drei Jahren nicht in Kapitalform bezogen werden dürfen. Gemäss Art. 79b Abs. 4 BVG sind Wiedereinkäufe im Falle der Ehescheidung oder gerichtlichen Auflösung der eingetragenen Partnerschaft von der Begrenzung ausgenommen. Es war unklar, worauf sich die Wendung „von der Begrenzung ausgenommen“ bezieht, weshalb sich das Bundegericht in einem Entscheid vom 18. Juli 2016 mit der Auslegung von Art. 79b Abs. 4 BVG befasste.

In dem vom Bundesgericht zu beurteilenden Fall (BGE 142 II 399) wurde die Ehe des Versicherten im Jahr 1999 geschieden, worauf seine Vorsorgeeinrichtung angewiesen wurde, einen Betrag von CHF 163’000.00 auf das Freizügigkeitskonto der Ehefrau zu überweisen. Im Jahr 2013 tätigte der Versicherte einen Einkauf von CHF 81’500.00 in seine Vorsorgeeinrichtung, welchen er mit einem Darlehen seiner Mutter finanzierte. Er machte den Wiedereinkauf in der Steuererklärung 2013 geltend und plante, sich im Jahr 2015 frühpensionieren zu lassen und dabei einen Kapitalbezug vorzunehmen.

Das Bundegericht stellte in seinem Entscheid fest, dass bei einem Wiedereinkauf nach einer Scheidung die Möglichkeit bestehen müsse, die durch die Scheidung entstandene Vorsorgelücke wieder zu schliessen. Um dies zu ermöglichen müsse Art. 79b Abs. 4 BVG so verstanden werden, dass Wiedereinkäufe nach einer Scheidung von der dreijährigen Sperrfrist auszunehmen seien. Ansonsten würde insbesondere bei Scheidungen kurz vor der Pensionierung ein Wiedereinkauf den anschliessenden Kapitalbezug verunmöglichen. Das bedeutet, dass im Falle eines Wiedereinkaufs nach einer Scheidung ein Bezug von Kapitalleistungen innerhalb von drei Jahren grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist. Das Bundesgericht weist in diesem Entscheid jedoch darauf hin, dass die Einhaltung der vorsorgerechtlichen Einkaufsvorschriften nicht zwingend dazu führt, dass auch die steuerliche Abzugsfähigkeit der Einkaufsbeträge gewährleistet wird. Die Frage der Steuerumgehung muss zusätzlich noch berücksichtigt werden. Gemäss den Ausführungen des Bundesgerichts weist das Vorgehen des Versicherten auf eine missbräuchliche Steuerminimierung hin. Der Wiedereinkauf erfolgte erst über 14 Jahre nach der Scheidung und sehr kurz vor der Pensionierung. Zudem wurde der Einkauf mittels eines extra von der Mutter dafür aufgenommenen Darlehens getätigt. Der Einkauf in die Pensionskasse führte ferner zu keiner erheblichen Verbesserung des Vorsorgeschutzes, weshalb es aus vorsorgetechnischen Gründen in diesem Fall keinen Sinn machte, eine Einzahlung zu tätigen und innert zwei Jahren den Betrag wieder als Kapitalleistung zu beziehen. Folglich hat auch das Bundesgericht, wie schon die Vorinstanzen, das Vorgehen als Steuerumgehung qualifiziert und die steuerliche Abzugsfähigkeit des Einkaufes verneint.

Fazit: Das Urteil schaffte Klarheit in Bezug auf die Auslegung von Art. 79b Abs. 4 BVG. Der Wiedereinkauf nach der Scheidung ist von der dreijährigen Sperrfrist von Art. 79b Abs. 3 BVG ausgenommen. Das Bundesgericht lässt jedoch den steuerlichen Abzug des Einkaufs nicht zu, wenn eine Steuerumgehung vorliegt, das heisst, wenn missbräuchliche steuerminimierende, zeitlich nahe Einkäufe und Kapitalbezüge in und aus der Pensionskasse getätigt werden, mit denen nicht die Schliessung von Beitragslücken, sondern rein eine Steuerbegünstigung angestrebt wird.

Sind bei Ihnen infolge einer Scheidung Lücken in der beruflichen Vorsorge entstanden? Planen Sie solche Lücken mit einem Wiedereinkauf in die Pensionskasse zu schliessen? Wir raten Ihnen den Wiedereinkauf in die Pensionskasse nach einer Scheidung frühzeitig, insbesondere im Hinblick auf die Pensionierung und ein allfälliger Kapitalbezug, zu planen. Bei Fragen rund um die Planung der Altersvorsorge stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung und unterstützen Sie gerne.

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