Bauen ohne Bewilligung
Oft kommt es vor, dass eine Bauherrschaft ein Bauvorhaben ausführt, ohne eine Baubewilligung einzuholen. Andere Bauherrschaften ändern das Bauvorhaben während des Baus und bauen in Überschreitung der Baubewilligung. Was sind die Konsequenzen und was kann die betroffene Nachbarschaft tun?
Verfahren und Möglichkeiten
Die Baupolizei muss von Amtes wegen ein Baupolizeiverfahren einleiten, sobald sie Kenntnis von baurechtswidrigen Tätigkeiten erhält.
Stellt die Baupolizei bei der Prüfung des Sachverhalts fest, dass tatsächlich ein Bauvorhaben ohne Baubewilligung oder in Überschreitung einer Baubewilligung ausgeführt wird oder bei der Ausführung eines bewilligten Vorhabens Vorschriften missachtet werden, ist sie verpflichtet die Einstellung der Bauarbeiten verfügen. Dieser sogenannte Baustopp kann mündlich vor Ort und mit einer schriftlichen Verfügung angeordnet werden. Möglich ist auch der Erlass eines vorübergehenden Benützungsverbots, wenn zum Beispiel ein Dachgeschoss ohne Bewilligung zu einer Wohnung ausgebaut wird, die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen gefährdet wird etc. Der Baustopp ist sofort vollstreckbar. Dies bedeutet, dass eine allfällige Beschwerde gegen den Baustopp keine aufschiebende Wirkung hat.
Nach dem Baustopp setzt die Baupolizei der Grundeigentümerschaft eine Frist, in welcher letztere bei der Baubewilligungsbehörde ein nachträgliches Baugesuch einreichen kann, oder aber den rechtmässigen Zustand wiederherstellen muss.
Bleibt die Grundeigentümerschaft untätig, ordnet die Baupolizei Ersatzvornahmen an. Sie kann also den rechtmässigen Zustand selbst wiederherstellen oder durch Dritte wiederherstellen lassen.
Reicht die Grundeigentümerschaft ein nachträgliches Baugesuch ein, wird dieses – je nach Relevanz des Bauvorhabens – im ordentlichen Bauverfahren mit öffentlicher Publikation oder im vereinfachten Bauverfahren mit Mitteilung an die Nachbarschaft durchgeführt. Die Wiederherstellungsverfügung wird dann aufgeschoben, bis über das nachträgliche Baugesuch rechtskräftig entschieden wurde. Die Baubewilligung resp. der Bauabschlag mit Wiederherstellungsfrist kann dann mit Beschwerde bei der Bau- und Verkehrsdirektion, danach beim Verwaltungsgericht und allenfalls beim Bundesgericht angefochten werden.
Zeigt sich, dass das Bauvorhaben bewilligungsfähig ist, wird die Baubewilligung erteilt und der Baustopp aufgehoben.
Zeigt sich demgegenüber, dass das Bauvorhaben nicht bewilligungsfähig ist, wird ein Bauabschlag verfügt. Die Baubewilligungsbehörde entscheidet dann auch darüber, ob und inwieweit der rechtmässige Zustand wiederhergestellt werden muss. Die Baubewilligungsbehörde muss dabei das Verhältnismässigkeitsprinzip berücksichtigen und prüfen, welche Wiederherstellungsmassnahme im konkreten Einzelfall verhältnismässig ist. So kann sogar der Abbruch eines ganzen Gebäudes verhältnismässig sein. Unter Umständen reichen aber auch Massnahmen aus, welche die Nutzung verunmöglichen, wie beispielsweise das Auffüllen eines zu grossen Untergeschosses mit Konstruktionsbeton oder das Auffüllen einer Bodenheizung mit verhärtendem Material, damit eine Alphütte im Winter nicht als Ski-Ferienhaus genutzt werden kann. Grundsätzlich kein zu berücksichtigendes Argument gegen die Wiederherstellung ist das wirtschaftliche Interesse des Grundeigentümers. Dies selbst dann, wenn die Investitions- und Abbruchkosten hoch sind.
Grundsätzlich kann die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands bis fünf Jahre, seitdem die Rechtswidrigkeit des Baus erkennbar war, verlangt werden. Bei rechtswidrigen Bauten, welche von aussen erkennbar sind, beginnt die Frist in der Regel sofort zu laufen. Bei rechtswidrigen Bauten, welche sich im Innern eines Gebäudes befinden und von aussen nicht wahrnehmbar sind (z.B. Ausbau eines Dachgeschosses), beginnt die Frist erst später zu laufen. Als erkennbar gilt ein rechtswidriger Zustand, wenn die Baubewilligungs- resp. Baupolizeibehörde diesen bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen.
Nach Ablauf von fünf Jahren, seitdem der rechtswidrige Zustand erkennbar war, kann die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes nur noch verlangt werden, wenn dies zwingende öffentliche Interessen erfordern, wie z.B. die Sicherheit, das Leben oder die Gesundheit gefährdet, oder die Umwelt erheblich beeinträchtigt wird.
Strafen
Oftmals nicht bedacht wird, dass wer als verantwortliche Person (z.B. als Bauherrschaft, Architekt, Ingenieurin, Bauleiterin oder Bauunternehmer) ein Bauvorhaben ohne Baubewilligung oder in Missachtung von Bedingungen, Auflagen oder Vorschriften ausführt oder ausführen lässt, mit Busse bis zu CHF 40’000.00, in schweren Fällen sogar bis zu CHF 100’000.00 bestraft werden kann. Auch wer einer vollstreckbaren baupolizeilichen Anordnung, die ihm gegenüber angeordnet wurde, nicht nachkommt, kann mit Busse bestraft werden.
Baupolizeiliche Anzeige
Jede Person, welche feststellt, dass ohne Baubewilligung oder über eine Baubewilligung hinaus gebaut wird, hat das Recht bei der Baupolizei eine baupolizeiliche Anzeige einzureichen. Einer anzeigenden Person, welche auch als Nachbarschaft betroffen ist, muss im Baupolizeiverfahren Gelegenheit gegeben werden, als Partei teilzunehmen. Entscheidet sich die anzeigende Person zur Teilnahme am Baupolizeiverfahren als Partei, hat sie Anrecht auf Akteneinsicht und kann im Verfahren entsprechende Anträge stellen.
Fazit
Es zeigt sich, dass wer etwas ohne resp. über eine Baubewilligung hinaus baut, ein grosses Risiko hat, die Baute zurückzubauen, sofern diese nicht nachträglich bewilligt werden kann. Es ist deshalb wichtig, Bauprojekte sorgfältig zu planen. Stellt sich beim Bauen heraus, dass von der Baubewilligung abgewichen werden muss, empfiehlt es sich eine Projektänderung einzureichen oder aber nur das anders zu bauen, das auch bewilligungsfähig ist und nachträglich bewilligt werden kann.
Häusermann + Partner steht Ihnen bei baurechtlichen Angelegenheiten mit seiner langjährigen Erfahrung beratend zur Verfügung. Gerne vertreten unsere Baurechtsspezialisten Sie auch in Baupolizei- und Baugesuchverfahren.